Seuche schreibt … – Teil 1

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   Teil 1: Is´ halt ´n Anfang

Urinal oder semi-elegant: Pissbecken? Wie heißen die Gerätschaften auf Festivals und Zeltfesten, wo Mann mit Mann in einer Reihe ins gleiche Becken schifft? Gerade kam ich nicht drauf. Pissrinne, genau, das passt! Gerne aus matt glänzendem Blech, mit rustikalem Abflusssystem, gelegentlich, aber immer seltener, dekoriert mit dem scheinbar aussterbenden Pinkelstein (ich meine, die klaut doch keiner???). An einem solchen, optisch Marke „ich hab’s wenigstens versucht“-Eigenbau, stehe ich im Sommer bei Affenhitze und ungewohnt nüchtern irgendwo in Österreich während des alljährlichen Sick Midsummer-Festivals. Die Zeiten, als man, also ich, schon bei praller Nachmittagshitze voll wie zwei halbe Seemänner war, sind lange her. Aber, den Tonfall einer vom Leid des Daseins geplagten Kreatur muss man sich hier denken, aber … is‘ halt auch alles nicht mehr wie früher. Außer die Pissrinnen, die sind wie früher. Und in ihrem Charme auch überall gleich. Was hier nur leider bei der mitten in den leeren Raum geparkten Siffbeule fehlt, ist die Wand. Eine mit Aufklebern zutapezierte Wand. Ein Sammelsurium aus Bands mit geistreichen Namen, mal mehr, mal weniger geistreichen Sprüchen und dezenten Hinweisen, mit welcher Antipathie gegen wen man zur Zeit bei der Antifa besonders punktet. Gut, solche Aufkleber hat man halt mehr in den von mir eher besuchten Zeckentempeln als im, sagen wir mal, Club 88 in Neumünster. Am Bäckerberg in Österreich, wie gesagt, keine Wand.

Ich fühle mich dezent beobachtet. Kunststück, zumindest im Eingangsareal steht man beim Wasserlassen nur unbedeutend weniger präsent als direkt auf der Bühne. Es ist ja so, immer häufiger plagt mich das Gefühl, diese oder jene Person kennen zu müssen. Nur woher? Gut, im Rahmen meiner musikalischen Aktivitäten ist es nicht so sehr verwunderlich, dass unter Umständen mehr Menschen mich kennen als ich sie. Andererseits, ich sprach ja schon vom Seemann … und dann stehen in stetiger Regelmäßigkeit Leute mit einem Gesichtsausdruck vor mir, der vermuten lässt, man müsse sich irgendwann einmal in gegenseitigem Einverständnis die Lebensgeschichte offenbart haben. Ich habe schon durchaus beachtlich lange Gespräche mit diesen Personen geführt, die ich meiner Meinung nach nie zuvor im Leben gesehen habe – ohne aufgeflogen zu sein. Substanzloser Smalltalk yolo ftw wtf!

Seuche Kolumne 01
Das Festival-Äquivalent zum Treffpunkt Küche: Die Latrine.

Machen wir es nicht so spannend, mir gehen auch langsam die Parallelgeschichten aus. Neben mir stand Moritz, der Chefredakteur dieses Magazins. Derjenige, und daher kannte man sich, welcher mich letztes Jahr im Rahmen seines Reviews zum leidlichen „Snuff || Hiroshima“ geradezu herzerweichend mit Lob überschüttet hat. Ein Gesprächsauftakt war also da. Klar, schreibt die Journaille gut, ist sie super, schreibt sie schlecht, hat sie eh den Arsch offen. Wobei für die nächsten fünfundvierzig Minuten ja auch mein Lieblingsgesprächsthema beackert wurde, nämlich als da wäre Lästern über andere Bands. Zum Beispiel über, um beim Thema Seefahrt zu bleiben… ach, das ist jetzt schon zu eindeutig!

Irgendwann ging es dann darum, dass ich schon seit geraumer Zeit darüber nachdenke, mal mehr zu schreiben. Einen Blog hatte ich im Sinn, aber es „bloggt“ schon jeder und auf den ganzen Stress,  jetzt extra einen eigenen Blog hochzuziehen, hatte ich keinen Bock. Schöne Ausrede! Reviews kämen schon gar nicht in Frage. Meine Meinung zu den meisten Rezensenten hält sich vage im unteren Mittelfeld. Denn: Nicht jeder, der eine Gitarre halten kann, muss ein Album aufnehmen, aber auch nicht jeder, der das ABC beherrscht, muss unbedingt seine Meinung dazu kund tun. Kann man, muss man aber nicht. Naja, und meine Meinung zu Musikern, die solches tun, ich spare es mir. Entschuldige, Moritz, aber da habe ich ein wunderschönes einfaches Weltbild aus „Die einen hier, die anderen da“. Vermutlich bin ich einfach nicht in der Lage für die die nötige Distanz. Außerdem sind Reviews, außer Verrisse, denn erst da blüht der Schreiberling auf – im Sumpf des Lästerns, Nörgelns und Niedermachens – vollkommen langweilig.

Das Sick Midsummer, für den Mehrwert an Informationen, blieb dann übrigens auch in guter Erinnerung. Ich hab schon wieder irgendwas kaputt gemacht, Hypothermia sind live merkwürdig, Kim erstaunlich umgänglich und Österreich ist und bleibt eines meiner liebsten Reiseziele.

Also eine Kolumne. Bei Metal1.info. Wenigstens halbwegs regelmäßig solle es sein. Aber ich könne schreiben, was ich will. Na denn man to … In Hamburg sagt man Tschüss!

Prost,
Seuche

 


Seuche

Seuche. Jahrgang ’80, Biertrinker, Punker, 24/7-Musik-Konsument, loses Mundwerk, „hat Maiden ’92 live gesehen“. Fronter bei FÄULNIS, Basser bei BLACKSHORE. Für Metal1.info schreibt er an dieser Stelle in unregelmäßigen Abständen über Musik, die Szene und was ihm sonst so durch den Kopf geht – wie er es selbst auf den Punkt bringt „bissig, zynisch und eben nicht auf Eierkuchen aus“.

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Publiziert am von Seuche

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