Lasst uns über Geld reden #1 (Alboin von Eïs)

Nachdem zuletzt unsere Kolumne zur Verfassung der Folk-Metal-Szene (Im Namen des Folkes #1) und die Replik aus der Sicht eines Musikers von Robert Meyer / Tir Nan Og (Im Namen des Folkes #2) in der Mittelalterszene für viel Diskussionsstoff sorgten, versetzte ein Facebook-Statement der deutschen Dark-Metaller Crematory die Metaller szeneübergreifend in Aufruhr: Die Darstellung, Metal zu machen, sei heute ein schlechtes Geschäft, wollte auch Alboin, Kopf der deutschen Black Metaller Eïs, so nicht stehen lassen, und veröffentlichte seinerseits auf Facebook ein Statement. Für METAL1.info hat sich Alboin nun ein paar weiterführende Gedanken zum Thema Geld und Idealismus im Metal-Business gemacht. Lest hier seinen Gastbeitrag:

Die Welt ist im Wandel.
Ich spüre es bei den Verkäufen, ich spüre es bei den Konzerten, ich rieche es in den Clubs.

Allerdings hat nicht nur das Rauchverbot die Atmosphäre in der Musiklandschaft verändert (meiner Meinung nach in diesem Fall mal zum Besseren!). Die Umstrukturierungen der letzten Jahre sind gigantisch, und sie kamen schleichend, aber mit Ankündigung. So wie die Deutsche Bahn jedes Jahr im Winter überrascht davon ist, dass auf einmal Winter ist, sind momentan offenbar Bands davon überrascht, dass sie auf einmal mehr tun müssen, um Geld mit ihrer Musik zu verdienen. Da hat jemand wohl den Schuss nicht gehört.

Den großen Knall, als Horden von langjährigen Crematory-Fans und auch einigen Liebhabern guter Musik vor rund einer Woche der Arsch ob eines Facebook-Postings des frustrierten Crematory-Drummers geplatzt ist, den haben allerdings eine ganze Menge Leute gehört. Das ist auch gut so. Die Situation herunterzubrechen darauf, dass Fans „endlich ihren Arsch hochkriegen“ und Vorverkaufstickets, CDs und LPs kaufen sollen, weil die Band sonst bei ihren Lizenzabrechnungen „das Kotzen kriegt“ und sich lieber auflöst, ist nämlich so brutal vereinfacht, dass selbst völlig Businessunkundige wittern, dass da einiges faul ist. Ausgerechnet denjenigen, die jahrzehntelang dafür gesorgt haben, dass eine Band wie Crematory weiterbestehen kann, jetzt die Schuld in die Schuhe schieben zu wollen dafür, dass das Musikgeschäft anders läuft als vor fünf, zehn oder zwanzig Jahren – das ist kurzsichtig, respektlos und unreflektiert. Die Situation ist sehr viel komplexer, und zwischen den beiden Endpunkten des Musikkonsums – der Band auf der einen, dem Konsumenten auf der anderen Seite – gibt es noch so einige Faktoren, die eine ganz erhebliche Rolle spielen.

Um das gleich zu Anfang zu sagen: Ich bin kein ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet. Mein Geld verdiene ich nicht mit Musik, in keiner Weise. Trotzdem bin ich seit runden 20 Jahren ein Teil des „Biz“, wenn man es so nennen möchte, auch wenn es für den 17-Jährigen von damals kein Geschäft, sondern ein großes Abenteuer war. Über die Jahre habe ich in so ziemlich jedem Bereich mal etwas aktiv getan – Bandmanager, Musiker, Komponist, Produzent, Journalist, Promoter, Veranstalter, Mailorder… war ich alles irgendwann mal auf sicher wechselndem Niveau, und da bekommt man so einiges mit. Deshalb ist auch mir der Kragen geplatzt, als ich besagtes Crematory-Posting gelesen habe, was mich zu einer längeren Diskussion in meiner eigenen Band, zu einer Art Gegendarstellung und letztlich zu dem Angebot von Metal1.info brachte, meine Sichtweise einmal in einer Kolumne darzulegen.

Das ist nun allerdings eine komplexe Sache, und es wird auch eine, in der ich über die Schattenseiten sprechen muss. Über Interna von Bands wird selten gesprochen, über die von Labels, Vertrieben, Festivals oder Magazinen noch viel seltener. Das ist ja auch etwas, das Fans von Musik nicht interessieren muss und es oft auch nicht tut. Sollte es aber vielleicht. Es geht bei Musik nämlich nicht immer nur um Kunst, es steckt unfassbar viel Geld dahinter. Im Zuge dessen werde ich immer noch gelegentlich gefragt, ob ich von meiner Musik leben kann. Die Frage ist so nett, wie sie naiv ist. Ich könnte stundenlang darauf antworten. Meist mache ich es etwas kürzer: Nein.

Gerade hatte ich einen echt langen Text darüber getippt, was es kostet, eine Band aufzubauen und auszustatten. Aber das ist saulangweilig, und viele von euch wissen das selbst. Daher kürzen wir es ab: Es kostet sehr viel Geld, bevor man auch nur einen einzigen Ton gespielt hat, vielleicht einen fünfstelligen Betrag. Und auch danach muss man immer wieder investieren, um weiterzukommen. In Equipment, Aufnahmen, Proberäume, in selbstveröffentlichte CDs, in T-Shirts, in Werbeaktionen. Verdient hat man dann im Normalfall noch nichts, und gerade für echt junge Bands ist es schon ein Erfolg, wenn sie die Investition in eine 500er-Auflage ihrer ersten Mini-CD oder in die ersten 50 Logoshirts irgendwann wieder rausbekommen. Die meisten schaffen das übrigens nicht.

Der Spaß geht aber erst richtig los, wenn man sich ein wenig etabliert hat und irgendwann mal mit anderen Leuten über Geld sprechen muss. Mit Labels zum Beispiel. Die Situation für Labels ist eigentlich ziemlich schlecht. Das liegt meiner Ansicht nach daran, dass man als Band schon relativ viele Möglichkeiten hat, seine Musik selbst zu vermarkten. Das macht allerdings viel Arbeit und ist kompliziert. Deshalb möchten die meisten Bands doch gerne einen Deal mit einer Plattenfirma, und deshalb gibt es sie auch weiterhin, und es geht den meisten ganz gut. Labels machen die Arbeit natürlich nicht umsonst und kassieren deshalb auch, was man sich sonst als Band in die eigene Tasche stecken könnte. Übrigens: Labels leihen die Kosten für Aufnahmen ihren Bands auch nur, wenn überhaupt, und die müssen das von ihren Tantiemen (die liegen branchenüblich so zwischen 10 und 15% der Erlöse im Großhandel, und diese Erlöse belaufen sich grob auf 5 bis 9 Euro) wieder abbezahlen. Dazu kommen wir gleich noch.

Was ein Label an – beispielsweise – einer etwas etablierteren deutschen Black-Metal-Band verdient, wird außer dem Label selbst vermutlich nie jemand erfahren. Mit ein bisschen Rechnen würde ich aber mal schätzen: Pro verkaufter CD irgendwas zwischen 2 und 5 Euro, bei aufwändigeren Special Editions und LPs unter Umständen deutlich mehr. Über Verkaufszahlen wird viel gemunkelt und getuschelt, und Genaueres weiß niemand außer den Betroffenen. Reden wir aber mal Tacheles: Wer als extreme Band 200 CDs eines Albums bei einem Label verkauft, hätte das lieber selbst in die Hand genommen. Wer 2000 verkauft, liegt im guten Mittelfeld oder darüber. Wer 20000 verkauft, ist eine absolute Ausnahmeerscheinung, wird für den Moment kurz über dem Boden schweben und dann von einem Scout eines der großen Labels aus der Luft gefischt werden, um einen lukrativen Vertrag zu unterschreiben.

Jetzt müssen wir mal ein bisschen mit Zahlen jonglieren, um zu verstehen, was das bedeutet und wohin uns das führt:
Nehmen wir mal an, eine Band schlägt sich gut und verkauft 2000 CDs ihres Album, von denen jede im Großhandel für 9 Euro verkauft wird (ganz realistisch ist das nicht, aber nun ja). Die Produktion des Albums im Tonstudio hat, was sehr günstig wäre, 2500 Euro gekostet. Die Band bekommt, sagen wir, 12% Tantiemen und muss die Produktion des Albums davon abbezahlen. Streaming-Dienste zahlen sogar so wenig, dass man das gar nicht richtig in eine Rechnung mit einfließen zu lassen braucht. Das ist eine Rechenaufgabe für die sechste Klasse. Das richtige Ergebnis ist: Die Band bekommt 2160 Euro Tantiemen. Ja, das bedeutet exakt, was ihr jetzt denkt: Die Band hat nicht nur nichts verdient, sie hat immer noch über 300 Euro Schulden bei ihrem Label. Das Label hingegen hat, legen wir mal die obige Schätzung zugrunde, gleichzeitig Einnahmen von vielleicht 4000, vielleicht 10000 Euro, aus denen es die Pressung von 2000 CDs, ein bisschen Werbung und seine Betriebskosten bezahlen muss. Der Rest sind Personalkosten und Gewinn, und das bedeutet: Für die geleistete und durchaus erfolgreiche Arbeit wird das Label bezahlt, und vielleicht bleibt dann sogar noch etwas übrig. Das Tonstudio hat 2500 Euro eingenommen für seine Arbeit von zwei Wochen. Das Presswerk hat seine Leistung bezahlt bekommen. Mailorder und Ladenketten, die ein Album verkaufen, arbeiten mit Gewinnspannen von 80-200% und zusätzlich oft auf Kommission, also ohne Risiko. Magazine verkaufen Labels Werbung. Alle bekommen für ihre Leistung, wenn es vernünftig läuft, auch etwas zurück. Fast alle zumindest. Dass die Band mit mehreren Musikern bereits hunderte Stunden an einem Album gearbeitet hat, mit selbst gekauften Instrumenten in einem teuer gemieteten Raum… das ist geschenkt. Und warum auch nicht. Es ist doch ein Hobby. Nicht wahr? Da wird die Frage, ob eine Band dieser Größenordnung von ihrer Musik leben kann, zu einer schmerzhaften Farce.

Warum bin ich dann trotzdem so positiv eingestellt? Warum bedankt sich meine Band explizit bei ihren Hörern und behauptet, dass es möglich ist, dass eine Band dieser Größenordnung sich selbst tragen kann? Weil es eben möglich ist. Ich habe in den letzten 20 Jahren an vielen Bands und Projekten mitgearbeitet. Offen gestanden: Finanziell selbst getragen hat sich bis auf meine heutige keine davon, obwohl es vielleicht verdient gewesen wäre. Im Gegenteil, ich erinnere mich daran, dass wir eigentlich nie Geld hatten. War uns aber auch nicht so wichtig, und wir haben uns damals nie darum bemüht und waren froh und glücklich darüber, Musik zu veröffentlichen und hier da mal auf eine Bühne zu krabbeln.

Heute ist das anders. Und das liegt daran, dass man es als Band schaffen kann, wenigstens ein paar Euro einzunehmen, wenn man drei Dinge beherzigt:
1. Man muss dafür tatsächlich arbeiten, und das mehr oder weniger tagtäglich, in guten und schlechten Zeiten. Und man muss Dinge tun, die man früher nicht getan hat, als es noch gereicht hat, wenn man alle paar Jahre eine Platte abgeliefert und sich sonst um nichts gekümmert hat. Deshalb ist die Situation für Relikte der 80er oder 90er auch besonders schwierig.
2. Man muss Qualität abliefern. Hörer haben, was jeder von sich selbst kennt, sehr feine Sensoren und wissen genau, wann eine Platte etwas taugt und wann nicht. Mittelmaß ist da nicht drin, und den Anspruch sollte man meiner Ansicht nach als Musiker ohnehin an sich haben. Der Qualitätsdurchschnitt und die Quantität an Veröffentlichungen ist zudem derart hoch, dass das unmöglich alles erfolgreich verkauft werden kann. Finanzielle Ressourcen der Hörer sind eben auch begrenzt.
3. Man muss wissen, was man wert ist und ein bisschen Selbstachtung haben vor der eigenen Leistung. Niemand, der etwas Vernünftiges abliefert, muss das umsonst tun. Besonders nicht, während andere fröhlich an der eigenen Leistung verdienen.

Bestimmt fragt ihr euch nun, wo das Geld denn dann herkommt. Das ist ganz einfach: Von den echten Fans. Die kaufen gerne etwas von einer Band, die sie schätzen, und sie versuchen, diese Band auch direkt zu unterstützen. Deshalb ist es ja so wichtig, zu Konzerten zu gehen. Faire Veranstalter zahlen in der Regel auch faire Gagen, und wenn, sagen wir mal, eine dreistellige Zahl an Gästen zu einem Metalkonzert geht, bleibt für alle ein bisschen was übrig. Da lässt sich bei einem gut besuchten Konzert für eine Band unter guten Umständen an einem Abend mehr verdienen als an einem ganzen Album. Darüber hinaus verdienen Bands nur noch an einer Sache Geld: Ihrem Merch. Selbst bei echt fairen Preisen für ein Shirt (und ich rede nicht von 20 Euro oder mehr) kommt rund ein Zehner pro Shirt bei der Band direkt an, oder bei einer verkauften CD immer noch die Hälfte. Das ist im Vergleich zu den obigen Rechnungen eine Menge. Besser kann man die Menschen, die die Musik machen, nicht unterstützen.

Wenn man sich das auf der Zunge zergehen lässt, heißt das im Klartext: Mit dem reinen Musikmachen und den Verkäufen eines Albums lässt sich für eine durchschnittliche (Underground-)Band nichts verdienen. Musik macht man zum Vergnügen, und alles drumherum muss man tun, um das Vergnügen zu finanzieren. Bands müssen heute Selbstvermarkter sein, sie müssen sich eigeninitiativ verkaufen können und dürfen sich dabei nicht darauf verlassen, dass das Andere für sie machen – die tun das zwar, aber sachlogisch eher zu ihrem eigenen Vorteil als zu dem der Band. Dass das nicht richtig sein kann, darüber herrscht, glaube ich, musikerseitig weitgehend Einigkeit. Wenn man diese Tatsachen aber nicht akzeptieren und sich nicht bewegen will, passiert das, was Auslöser für diesen Text war: Dann herrscht Frustration, und wie wir Menschen eben so sind, lässt man die gerne mal an denjenigen aus, die dafür nichts können. Wie eine sehr weise Kommentatorin bei Facebook sehr richtig schrieb: Stattdessen müsste man mal die Mechanismen des Musikbusiness grundlegend hinterfragen. Und nicht nur das. Ändern müsste man sie auch.

Anmerkung: Die Daten in diesem Text, nur um das noch einmal darzustellen, sind teils fiktiv – sie beruhen mitunter auf Schätzungen und Erfahrungswerten und sind keine Tatsachen. Bei alledem beziehe ich mich explizit vor allem auf Black Metal. Andere extremere Metalstile funktionieren oft noch ganz anders. Manche besser, manche viel schlechter. Noch ein Satz dazu: Von den gut geölten großen Bandmaschinen oder den großen Sommerfestivals wollen wir hier gar nicht reden: Da fließt, zumindest an besagte große Bands, mehr Kohle, als ihr euch ausmalen könnt. Im Großen und Ganzen geht es den meisten davon gut, auch wenn dafür alle mehr arbeiten müssen als früher.

Publiziert am von Florian Dammasch (Gastredakteur)

6 Kommentare zu “Lasst uns über Geld reden #1 (Alboin von Eïs)

  1. „Wer als extreme Band 200 CDs eines Albums bei einem Label verkauft, hätte das lieber selbst in die Hand genommen.“

    Ja, stimmt schon. Wobei es selbst da schon schwer fällt. Ich komme zwar mehr aus dem Punk/Hardcore, hatte mit einem Freund selbst ein Label (Good Boys Records). Das lief halt alles über D.I.Y! Es war schon schwer, Presswerke zu finden, die dann überhaupt „nur“ 500 CDs pressen wollten. Lustigerweise musste man aber bei so einer geringen Auflage, weil´s angeblich technisch nicht anders machbar war, 1000 Booklets drucken lassen. Es wäre für die Druckerei ansonsten nicht profitabel gewesen.

  2. Sorry, das war blöd formuliert. Ich will hier Prophecy keineswegs irgendwie vorwerfen, Unmengen an Geld mit Sondereditionen von fragwürdigem Wert zu scheffeln und sich damit eine goldene Nase zu verdienen. Schön wär’s ja, dann würde die Fortsetzung des Prophecy Fests wohl nicht mehr in den Seilen hängen, und zumindest bei der Veranstaltung übertrafen sie sich ja in Sachen Liebe und Aufwand jährlich selbst.

    Was ich allerdings sagen wollte: ich denke durchaus, dass sich derartige Editionen für Labels aus mehreren Gründen durchaus lohnen, und nicht ausschließlich aus Liebe zu „high art“ gestaltet werden, wie ich mal Blake Judd (von allen Leuten) Prophecy hab beschreiben hören. Ich meine, die haben nicht nur eine offensichtlich höhere Gewinnspanne (man sehe sich nur mal die Kosten für die Produktion der Extras vs. den Mehrkosten einer derartigen Ausgabe an), nein, auch Sammler greifen dann halt mal eher überhaupt zu einer physischen Edition, weil diese dann wirklich etwas bieten, was man sich ins Regal stellen kann. Bin da ja auch schuldig. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich auch letzteres Argument von Prophecy selbst mal in einer Interview gehört habe.

    Also kein böses Blut, aber durchaus ein logisches Geschäftsmodell. Insbesondere eben, wenn man viele Bands unter einem Dach hat. Das Raster von Prophecy/Lupus Longue/Auerbach ist halt riesig und umfasst dabei einen Haufen Bands, die wohl eher nicht so mit Verkaufszahlen glänzen können – das sind eine Menge aufgelegte Platten mit hohem Risiko. Ich frag mich schon seit einer Weile, wie die das auf die Kette kriegen.

  3. „Pro verkaufter CD irgendwas zwischen 2 und 5 Euro, bei aufwändigeren Special Editions und LPs unter Umständen deutlich mehr.“

    Nicht ganz uninteressant, insbesondere wenn man bedenkt, bei was für nem Label Eis zumindest in Deutschland aufgelegt wird – ich frag mich da spontan schon, ob sich Prophecy mit den Massen an verlegten Künstlern über Wasser halten kann, weil die für jedes Album eine vollkommen abstruse Fanedition auf den Markt werfen und irgendwie 20 Euro extra verlangen, weil sie bei nem Lifelover-Album extra noch ne Rasierklinge in die Box geworfen haben.

    Was mir als Fan bei den ganzen Gelddiskussionen (die gibt’s ja nicht erst seit gestern, und ja, in anderen Genres wird offener drüber geredet, trotzdem ein Dauerbrenner) immer ein bisschen zu kurz kommt: die Fans, bzw. deren Situation. Manchmal habe ich das Gefühl, dass Musiker ihre Fans offensichtlich als Geldproduktionsmaschinerie sehen, die je nach (un-)gnädiger Stimmungslage ihren Goldesel anwerfen oder nicht. Fakt ist aber: Fans geht’s auch oft nicht anders als Bands. Die sind auch gerne Mal pleite, habe schlimmstenfalls Schulden, Miete zu bezahlen, andere laufende Kosten und am Ende des Monats nichts für irgendwas über. Da kann man halt keine 200 Euro monatlich für jede mögliche CD ausgeben und unter 10 Euro für Spotify passen da erheblich besser in die monatliche Geldplanung.

    Für viele ist der berüchtigte und von den Bands so oft angefragte „Support“ ein echtes Opfer, das man nicht für jeden Künstler bringen kann. Schön wäre es, würden wir in einer Welt leben, in der sich jeder kaufen kann was er will. Aber speziell Metal, vor allem Black Metal, würde ich vermuten, hat halt auch eine Demographie, die nicht unbedingt allzu zahlungskräftig ist; kurzum, der Struggle ist auf beiden Seiten und den nur auf die Fans umzuschlagen, wie die Nasen von Crematory das machen, geht einfach gar nicht.

    1. Bitte wirf nicht das Rechenbeispiel und EIS in einen Topf, das sind zwei verschiedene paar Schuhe. Die Kosten, die auf ein Label zukommen, sind flächendeckend sehr ähnlich und die Verkaufspreise logischerweise auch, das hat nichts mit einem spezifischen Label zu tun!

  4. Ein sehr interessanter Beitrag, vielen Dank! Ich bin ja jetzt auch schon ein paar Jährchen ein aufmerksamer Beobachter der Szene und stelle fest: Über Geld wird wirklich wenig geredet. Da sind ein paar Zahlen – und seien sie auch teilweise geschätzt – mal wirklich interessant.

    Mir fällt dabei etwas ein, was Jon Oliva (Jon Oliva’s Pain, Savatage, TSO) vor ein paar Jahren in einem Interview zu mir sagte. Ich zitiere das mal, weil es gut zu der Sache passt und die Tendenz dieselbe ist – obwohl wir hier natürlich von ganz anderen Verkaufszahlen sprechen als im Black Metal:

    „Ich sage dir was: Meine Tantiemen aus Albenverkäufen von vor 15, 16 Jahren waren sechsstellig. Der Scheck, den ich letztes Jahr bekommen habe, war vierstellig. Und bedenke dabei bitte: Ich habe fünf Platinalben veröffentlicht! Das ist eine riesige Veränderung.
    Das ist auch der Grund, warum ich so viel arbeite. Ich muss andauernd neues Zeug veröffentlichen, alleine, um überleben zu können. Man kann heute nicht mehr eine Scheibe schreiben und zwei, drei Jahre von den Tantiemen leben.“
    https://www.metal1.info/interviews/jon-oliva/

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