Review ZSK – Ende der Welt

Manchmal scheint die Welt stillzustehen – etwa, wenn ZSK Musik machen: Wenn der Drei-Akkord-Skatepunk der Berliner aus den Boxen knallt, ist man immer 16 – selbst wenn die Schulzeit deutlich länger her ist als sie lang war. Kein Wunder: Am Stil von ZSK hat sich musikalisch wie textlich über die Jahre wenig geändert und zumindest Wasserstoff-Igel Joshi scheint auch optisch nicht älter zu werden. Könnte man das nur auch von sich selbst behaupten!

Für die bislang so kämpferischen wie optimistischen Punks („Hallo Hoffnung“) wirkt der Titel „Ende der Welt“ mit dem zugehörigen Artwork eines abstürzenden Flugzeugs verdammt düster. Doch Entwarnung: ZSK haben nicht etwa den Mut verloren – vielmehr sind Titel und Cover eine Finte, die ZSK auf der Rückseite des Albums auflösen (mehr dazu in unserem Interview mit Joshi). Und so ist es dann auch nicht unpassend, dass das Album musikalisch einmal mehr ziemlich positiv losgeht: Mit einer Hommage an die Fans („Ich feier euch“) und einer an die politisch aktive Jugend („Die Kids sind okay“) sowie der Gute-Laune-Nummer „Macht’s gut“, die mit Kinderchor und Feature von 100 Kilo Herz tanzbaren Kids-Punk bietet, der sich für einen Gastauftritt im Tigerenten-Club zum Thema Punk Rock quasi aufdrängt. Die selbstironische Antwort auf die Frage, warum es am Ende nie zum ganz großen Durchbruch gereicht hat, liefern ZSK mit dem selbstironischen „Kein Talent“ (inklusive Rap-Feature mit mit dem Hamburger Rapper Swiss) später auf dem Album gleich mit.

Doch „Ende der Welt“ besteht nicht nur aus linken Messages und Feelgood-Songs – im Gegenteil: Es gibt nicht einmal ein Sauflied – und das, obwohl uns Joshi doch erst auf dem letzten Album erklärt hat, dass die besten Lieder doch immer die über’s Saufen sind. Der musikalisch leider etwas arg generische Titeltrack etwa ist textlich nicht minder wütend als der Name vermuten lässt – und mit „Stuttgart“ überrascht Joshi den Hörer aus dem Nichts mit einer sentimentalen Hommage an seine verstorbene Mutter: Aus voller Fahrt springt der sympathische Fronter den Double Kickflip auf die Tränendrüse, um diese dann – ganz ohne große Bilder oder bemüht sentimentale Reime – 4:04 Minuten entlangzugrinden.

So rührselig geht es im Rest der Songs nicht zu – ernst bleiben ZSK trotzdem öfter als gewohnt: So engagiert wie unsubtil singen sie gegen die AFD („Alle meine Freunde“) oder rassistische Polizisten (im Anti-Flag-inspirierten „No Justice“) an. Und dann thematisieren sie sogar noch (als vielleicht erste Band überhaupt auf einem Album?) die Pandemie. Beide Corona-Songs zählen zu den Highlights des Albums, könnten unterschiedlicher aber kaum sein: Auf der einen Seite das nachdenkliche „Rumstehen“, auf der anderen die humorige Würdigung von Star-Viruloge Christian Drosten. Die Welt steht eben auch bei ZSK nur scheinbar still – eigentlich sind die Berliner immer top-aktuell.

Im Großen und Ganzen klingen ZSK auch 2021 noch nach ZSK. Bei genauerem Hinhören enthält „Ende der Welt“ aber so mache Überraschung. Musikalisch wären das etwa die ska-punkigen Bläser in „Mach’s gut“ oder der Hip-Hop in „Kein Talent“, textlich eine neue Tiefgründigkeit. Dazu gibt es eine ordentliche Portion Streetpunk-Songs, wie man sie von ZSK kennt (und hören will) mit Joshis charakteristisch-sympathisch leicht schiefen Gesang und auch mal weniger raffinierten, dafür politisch unmissverständlichen Texten. So macht Deutschpunk Spaß – vor allem aber: Lust auf Tanzen. Im Pogo. Live.  Hoffentlich bald.

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Wertung: 8 / 10

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