Im Vorfeld der Veröffentlichung zu „Tides Of The Final War“ der aus dem Libanon stammenden Band ZIX konnte dem Szene-Freund schon ein wenig seltsam zumute werden. Das lag nicht nur daran, dass mit der Gruppe um Sängerin Maya Khairallah eine Band aus dem nicht gerade für klassischen Heavy Metal bekannten Libanon auf der Bildfläche erschienen ist, nein, das eigentlich Verwunderliche lag in dem Umstand, dass sich Namen von Rang und Klang dieser noch völlig unbekannten Combo annahmen. Allen voran steht der Name des Produzenten Steve Thompson, der sich mit dem Mixen von Guns n‘ Roses‘ „Appetite For Destruction“ oder Metallicas „…And Justice For All“ Reputation erworben hat. Etwas verwundernd ist es demnach schon, wenn man sich den doch recht synthetischen und streckenweise dünnbrüstigen Sound der Scheibe vergegenwärtigt, der so gar nicht nach Star-Besetzung klingen will.
Zu einem echten Schaulaufen wird dann aber – nach dem coolen und ordentlich nach vorne preschenden Opener „Buyer Of Souls“ – der Song „Metal Strike“, wo sich Szenen-Größen wie Blaze Bayley, Paul Di’Anno, Ross The Boss, Tony Martin und noch weitere das Mikro beziehungsweise die Gitarre in die Hand geben. Dass sich hier die Crème de la Crème des Metals um so eine junge Truppe schart, hat schon etwas Rührendes. Trotz der erwähnten musikalischen Schwergewichte bleibt der Song aber etwas farblos und ist – der Titel lässt es bereits erahnen – eine absolute Kitsch-Granate. Hier wird einem noch versichert, wie furchtlos der Metal-Warrior ist und dass er – natürlich – auf Seiten der Wahrheit steht. Das seit frühen Manowar-Tagen nicht unbekannte Muster eines True/False-Antagonismus wird hier zu epischer Breite ausgetreten. Natürlich ist der Song durchaus eingängig ausgefallen und bietet, wie die meisten der übrigen Stücke auch, filigrane Gitarren-Soli und deftiges Riffing. Apropos Gitarrenarbeit: Obwohl diese versiert ist und sich durch technische Raffinesse auszeichnet, führt sie doch zu selten zu wirklich ergreifenden Soli, ergeht sich dafür aber hin und wieder in dezent selbstverliebten Hochgeschwindigkeitsorgien.
In den besten Momenten der Scheibe – und der Titelsong „Tides Of The Final War“ ist so ein Moment – klingt das metallische Traditionsfutter der Libanesen griffig, nicht allzu geradlinig und in puncto Melodieführung einfallsreich und abwechslungsreich. Letzteres liegt dann hauptsächlich an Sängerin Maya Khairallah, die in ihren stärksten Augenblicken eine Färbung à la Jutta Weinhold aufweist. Wer bei der Herkunft der Band (die sich mittlerweile wohl samt und sonders in den USA befindet) exotische Klänge erwartet hat, wird hingegen enttäuscht. Anleihen an traditionelle Musik des Landes (mit einer wenige Sekunden langen Ausnahme bei „Heaven´s Eye“) gibt es keine, womit man sich zwar einer Art Exoten-Bonus beraubt, sich dafür aber auch nicht in gut gemeinte, aber misslungene Folklore verheddert.
Leider schleicht sich im Verlauf der CD eine gewisse Beliebigkeit ins Songwriting ein. Immer häufiger wollen die Riffs nicht so recht zünden und die wirklich spannenden Momente werden zunehmend seltener. Zudem gönnt sich die Band sprachliche Blüten, beispielsweise im Refrain von „Thousand Wars At Sea“, wo man den Reim „I have fought and I have seen a thousand wars at sea / and in the final hour I will have a cup of tea“ für angemessen erachtete. Und nachdem die Scheibe mit dem wieder stärkeren „The Warwhore“ ausgeklungen ist, steht zwar fest, dass „Tides Of The Final War“ ein gelungenes Metal-Debüt geworden ist – aber mehr? Angesichts des Schaulaufens großer Namen mag einem der Verdacht der Augenwischerei kommen; ob sich hier nur wer ein Stück vom Retro-Kuchen abschneiden möchte? Es steht außer Frage, dass ZIX ordentlich Potential haben. Wohin sie es damit bringen werden, wird sich zeigen. Es ist zuletzt etwas still um die Band geworden …
Wertung: 6.5 / 10