ZERO ABSOLU sind die Reinkarnation der 2011 gegründeten Band Glaciation. Die Gruppe debütiert nun, nach einer langen Reformationsphase, mit ihrem Album „La Saignée“ bei Art Of Propaganda. Dass sie sich für ihr Erstlingswerk namentlich nicht erwähnte Unterstützung bei Alcest und Regarde Les Hommes Tomber geholt hat, lässt die Erwartungen an den ersten Output der frischen Formation in durchaus imposante Höhen wachsen.
Die Informationen zum Album titulieren, es handle sich um eine gnadenlose Abrechnung mit „den Feinden der Band und Teilen der (Black Metal) Szene“. Befragt man YouTube, wird man sehr schnell vor rollende Panzer geworfen. Fehlt nur noch, dass Marduk die Köpfe zur Luke herausstrecken. Okay, Spaß beiseite. Das klingt alles bierernst. Wenn man sich die im Promo-Paket mitgegebenen Texte durchliest – eine wüste Aneinanderreihung diverser Umschreibungen für tief sitzende Abscheu gegenüber der Vergangenheit – lässt das Vermutungen auf ein sehr klassisches Album zu. Nach der Beschreibung jedenfalls darf man einen hasserfüllten Brocken von solch niederschmetternder Gewalt erwarten, dass in Euronymous’ Grab die müden Knochen klappern.
Umso überraschender ist dann die tatsächliche Umsetzung des Debütalbums von ZERO ABSOLU. Auf zwei überlangen Stücken präsentieren die Franzosen gefälligen, jedoch durchaus spannenden Post-Black-Metal, der zwischen Celeste’scher Brachialität und dem leichten Charme von Alcest hin und her schwankt. Dazwischen liegen sphärische Synthesizer-Flächen, die ein wenig an Nocte Obductas „Umbriel“ und die Tastenspielereien von Hail Spirit Noir erinnern mögen. Allerdings liegt in der Dramaturgie dieser zwei gegensätzlichen Richtungen auch das Problem von „La Saignée“. Denn wirklich effiziente Spannungsbögen vermag die Band auf ihrem Debüt noch nicht zu vollbringen.
Wo die Metal-Arrangements für Melodie, Wucht und eine stimmige Atmosphäre sorgen – beispielsweise durch das sehr dynamische Schlagzeugspiel und ein gutes Gespür für abwechslungsreiche Harmonien – ist es nicht die Entschleunigung selbst, die für den Abfall in der Spannungskurve sorgt; es liegt schlicht an der Länge dieser Songanteile. Anfänglich funktionieren die Synthie-Elemente recht gut, je länger sie andauern, desto weniger Effekt haben sie aber auf das Gesamtbild der Songs. Zumal die Metal-Anteile zwar absolut solide dargeboten sind und auch eine gewisse Wirksamkeit erzielen, über die Dauer der Ambient-Parts aber kaum nachhallen. Die Lücken, die dabei entstehen, nehmen den Songs leider viel Potenzial.
Unter dem Strich ist ZERO ABSOLUs „La Saignée“ ein Werk voll von guten Ansätzen. Das Riffing, die Drums und die Vocals schaffen es während ihrer Präsenz durchaus, Spannung aufzubauen. Die Ambient-Passagen wirken allerdings dramaturgisch konträr und lösen Strukturen auf, anstatt sie schlüssig zu verbinden. Ganz am Schluss muss man sich auch fragen, wie wütiges Anprangern in den Texten und Panzer auf YouTube in Einklang zu bringen sind mit dem eher spacig-träumerischen Gefühl, das ZERO ABSOLU zumindest partiell mit ihrem Album erzeugen.
Wertung: 6 / 10