Review Wormfood – L’Envers

Avantgardistischer Gothic Metal, gibt es so etwas überhaupt? Wenn es nach dem französischen Quintett WORMFOOD geht, lautet die Antwort ja. Ob ihre Musik wirklich so sehr ihrer Zeit voraus ist, mag man bezweifeln, aber ungewöhnlich ist ihr Gemisch aus Gothic, Doom und einem kleinen Hauch Black Metal auf jeden Fall. „L’Envers“, ihre mittlerweile fünfte Full-Length-Platte, lässt sich – angefangen beim Artwork und in der Folge bezüglich der Musik – im Grunde genommen mit zwei Worten beschreiben: düster und theatralisch.

Der eröffnende „Prologue“ kommt gänzlich ohne Instrumente aus und ist (wie der Großteil des Albums) komplett in französischer Sprache gehalten. „Serviteur Du Roi“ beginnt dann abrupt mit der brutalsten Stelle auf „L’Envers“, explosive Gitarren und Blasts brechen von einem Moment auf den anderen über den Hörer herein. Danach sind es jedoch vor allem die düster-eleganten Cembalos, Orgeln und andere Symphonic-Stilmittel, die den Track ausmachen. Auch im restlichen Verlauf des 53-minütigen Albums räumen WORMFOOD der authentischen Orchestrierung eine tragende Rolle ein, leider ein wenig zu Lasten der Gitarren, die sich in überwiegend rauer, unmelodischer Doom-Gewohnheit im Hintergrund halten.
Immerhin hört man auf „Ordre De Mobilisation Générale“ das erste und keineswegs letzte Solo, das durchaus zur vorherrschend finsteren Stimmung beiträgt. Am meisten wird diese Atmosphäre jedoch von den Vocals geprägt. WORMFOOD vertonen ihre gewiss sehr makabren Texte praktisch durchgehend über tiefe, unheimliche Cleans, aber auch oft in gesprochener Form. Poppige, eingängige Gesangslinien wird man hier (abseits des auch sonst unpassend aus der Reihe tanzenden „Gone On The Hoist (G.O.T.H.)“) nicht finden, WORMFOOD umgehen also gängige Mainstream-Gothic-Schemata.
Das Ende von „Mangevers“ ist beispielsweise ein unheilvolles Chaos aus angsterfüllten Rufen, während die Gesänge auf „Géhenne“ stellenweise geradezu geisterhaft klingen. Das bereits erwähnte „Gone On The Hoist (G.O.T.H.)“ ist der einzige Störenfried des Albums. Zwar sind die englischen Texte hier offenbar als Parodie auf Gothic-Klischees zu verstehen, doch anstatt sich darüber zu amüsieren, fühlt man sich beim Hören nur peinlich berührt, was leider auch nicht durch den an sich coolen Einsatz einer Sitar aufgewogen wird.

Abgesehen von diesem kleinen Totalausfall ist „L’Envers“ jedoch ein überaus interessantes Album. Die Bezeichnung „Avantgarde“ mag hier etwas hochgestochen sein und die Gitarren könnten WORMFOOD ruhig etwas mehr in den Vordergrund holen und abwechslungsreicher arrangieren, doch durch die Vocals und die üppige, niemals kitschige Orchestrierung kreieren die Franzosen eine düstere, fast schon dekadente Atmosphäre, was auch durch die französischen Texte vermittelt wird. Wer sich Gothic Metal auch ohne Growls oder opernhafte Gesänge gut vorstellen kann, sollte definitiv mal hier reinhören.

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Wertung: 7.5 / 10

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