Review Wolves In The Throne Room – Thrice Woven

  • Label: Artemisia
  • Veröffentlicht: 2017
  • Spielart: Black Metal

WOLVES IN THE THRONE ROOM, ehemals Vorreiter eines stets weiter wachsenden Genres, heute nur noch Nachzügler in diesem, abgehängt von den jungen Wilden, deren Inspiration WITTR einst waren? Auch wenn es melodramatisch formuliert sein möge, trifft es die Situation, der sich die Amerikaner stellen müssen: Atmospheric Black Metal ist zu einer Spielweise für mittlerweile unzählige Bands geworden, von Deutschland (Der Weg einer Freiheit) über Südafrika (Wildernessking), von tiefschwarz (Blut Aus Nord) zu mit Post-Rock-versehenen Teilen (Fen). Allein der Name WOLVES IN THE THRONE ROOM ist kein Selbstläufer mehr, kein Garant dafür, dass der Inhalt des Albums die Hörerschaft in andere Sphären beamt, sondern im Gegenteil: Auch für ein Urgestein ist es mittlerweile eine Herausforderung geworden, sich mit anderen Veröffentlichungen messen zu können. Mit „Thrice Woven“ versuchen die Amerikaner dies.

Das Intro von „Born From The Serpent’s Eye“ bietet einen guten Einstieg; die Vorfreude auf eine den Hörer immer fester in den Bann ziehende Musik steigt, das Erhabene nimmt zu, wird allerdings jäh unterbrochen, als WOLVES IN THE THRONE ROOM den Spannungsbogen zu schnell auflösen. Der tragende Lead blitzt immer wieder auf, schafft es aber nicht nochmal, so kraftvoll für sich zu stehen wie innerhalb der ersten Minute. Der wunderschöne, aber leider überlange Frauen-Gesang im mittleren Part des Tracks markiert die zweite Schwachstelle eines Songs, der Potenzial hatte – lediglich im Hintergrund gehalten, hätte der Gesang womöglich mehr für die Atmosphäre getan als a) so dominant und b) in der Länge platziert zu werden. Ob die Sprachsamples in „The Old Ones Are With Us“ die Trance der Musik noch ins Unermessliche steigern sollen oder ob sie dem mühevoll gespannten atmosphärischen Bogen seiner Dynamik berauben, mag im Ohr des Hörers liegen; unterm Strich lassen beide Beispiele den Schluss zu, dass WOLVES IN THE THRONE ROOM die Wahl von derlei exponiert platzierter Gesangs- und Sprecheinlagen nicht eindeutig gelungen ist.

Ohne Zweifel ist der wiederkehrende, glasklare und ebenso zerbrechliche Gesang in „Mother Owl Father Ocean“ eine Wohltat für Liebhaber schöner, den Ton akkurat treffender Gesänge, im Kontext mit „Thrice Woven“ wirkt er aber allenfalls deplatziert, weil die Musik nur schwach das erzeugt, was die Dame in wenigen Sekunden mit ihrer Stimme schafft: Gänsehaut, Stille im Kopf, berührt durch die Musik. Plötzlich liegt der Fokus nicht mehr auf der Musik der Weaver-Brüder, sondern bei einer schwedischen Sängerin. Ein harmonisches Zusammenspiel ist dies mitnichten, da Anna Von Hausswolff auf „ihrem“ Track mehr Stimmung erzeugt als WOLVES IN THE THRONE ROOM mit „ihren“ Songs zuvor.

Dort, wo beim Zuhörer Gänsehaut-Momente kreiert werden sollen, wo die Musik vom Mitgerissen-werden lebt, von diesem Gepackt-sein, dort hält eine objektive Auseinandersetzung mit der gebotenen Musik kaum Stand. Dennoch: WOLVES IN THE THRONE ROOM muss man vorhalten, dass ihre mitreißenden Parts, die Stellen, an denen ihnen tatsächlich dieses geschickte in-Trance-spielen gelingt, von unspektakulären Längen geschluckt werden. Hier ein wunderschönes, ergreifendes Motiv, dort ein schleppend-schönes Outro, dazwischen allerdings ein Riffing, welches weder eine Wirkung unterstreicht noch so gelungen ist, dass es für sich alleine stehen kann.

WOLVES IN THE THRONE ROOM heften Idee an Idee, staksig und regelrecht unelegant. Die Melodiebögen wachsen nur selten, vielmehr sind sie im einen Moment da und im nächsten bereits durch ein anderes Motiv ersetzt. „Thrice Woven“ schafft somit nicht den Spagat zu älteren Glanztaten wie dem Debüt oder einem „Celestial Lineage“ (2011), sondern duckt sich leider zu großen Teilen in deren Schatten ab. Es mangelt an harmonischen Übergängen und gelungenen Kniffen, die Stimmung aufrechtzuerhalten – und besonders diese stellte doch bisher immer Garant für den Erfolg von WOLVES IN THE THRONE ROOM dar.

Wertung: 6 / 10

Publiziert am von

12 Kommentare zu “Wolves In The Throne Room – Thrice Woven

  1. Dem Review stimme ich wirklich in gar keinem Punkt zu. Für mich sehr starke Platte gerade nach der schwächeren Celestial Lineage. Und sorry dass ich das so deutlich schreibe aber die Verweise auf Blut aus nord und ÆVANGELIST sind komplett für die Tonne. Das ist für mich ne ganz andere Baustelle was die Wirkung der Musik betrifft…

  2. Das beste WITTR Album bleibt Two hunters, danach Celestial lineage, Black cascade, Diadem of 12 stars, diese und dann die aktuelle und keins würde bei mir weniger als 9 Punkte kriegen.

  3. Hallo, hallo, ihr beiden, Daudi, Sarah, wie ihr alle auch heißt. Hört bitte mir euren ideologiebehafeten Diskursen auf, es geht hier um Musik. Nein, um Kunst. Ich habe WITTR zweimal in zwei verscheidenen Konstellationen mit zwei verschiedenen Playlists erlebt und beide Male ging es ran an die Materie, ein beinahe religiöses Eslebnis, und das bei meiner grundsätzlicher Abeigung gegenüber aller Religiosität. Selten hat eine Band so sehr meine inneren Saiten berührt. Daher: love it or fuck off.

    [Anm. d. Red.: Auch wenn Musik Geschmackssache ist und sich in letzter Konsequenz auf ein Gefällt/Gefällt nicht herunterbrechen lässt, befürworten wir klar regen Meinungsaustausch und stehen jeglichen Forderungen, Diskurs zu unterbinden, kritisch gegenüber. mf]

  4. Hi Daudi Czok,
    ob es sich bei WITTR nun um „Metal Atzen“ oder „Atmo BM Hippies“ handelt, ist für die Auseinandersetzung mit dem Musikalischen recht uninteressant.

    Um aber in dieser Kategorisierung zu bleiben: Dass diese Platte bei den „Atmo BM Hippies“ nicht gut angekommen sein könnte, könnte daran liegen, dass es Thrice Woven an eben jener Atmo fehlt. Dass das Album im Rückschluss gut bei „Metal Atzen“ angekommen sein könnte, könnte an der starken Fokussierung der (in meinen Augen nur durchschnittlichen) Riffs liegen.

    Auf beides, auf die Atmosphäre und auf die Charakteristik der Riffs in Thrice Woven, gehe ich in der Rezension ein. Aber ja, ich stelle mich tatsächlich nicht auf die Seite der „Atzen“ – oder „Atmo“ – Anhänger, da dass für die Beurteilung nicht sinntragend ist.

    Was uns beide allerdings eint, ist sicherlich die Vorfreude/ Spannung auf das kommende Album. Bereits im nächsten Monat soll es veröffentlicht werden, whoop whoop!

    1. Ja ist ja Ansichtssache! In meinen Umfeld ist „Thrice Woven“ auch nicht so beliebt. Ich hingegen liebe dieses Album, gerade wegen der schon angesprochenen catchiness, auch wenn die vorherigen Alben auch sehr stark waren. Das Wolves In The Throne Room eines neues Album veröffentlichen wusste ich garnicht. Danke für die Info.

  5. Ihr habt immer noch nicht verstanden, dass Wolves In The Throne Room richtige Metal Atzen sind und keine reinen Atmo Black Metal Hippies. Und das hört man den Album auch an. Ein Spagat zwischen norwegischen Black Metal Melodien, ein kräftiger Pagan Einschlag und Post Black Metal, mit enorm viel, ja fast schon poppiger, catchiness. Meiner Meinung nach das allerbeste und überzegenste Album von Wolves In The Throne Room und mein Lieblings Post Black Metal Album. Das dass Album bei der ganzen Atmo BM Hippie Fraktion nicht ankam, finde ich zum Teil echt amüsant.

  6. Hey Euphemist,
    hab Dank für dein positives Feedback! Wühlt man sich durch andere Reviews, wird die Platte zum Teil deutlich besser bewertet, was mich stets irritiert. Aber so oft ich „Thrice Woven“ auch höre, mir fehlt es immer wieder an Atmosphäre und vor allem Spannung… Wir können nur hoffen, dass ein kommendes Album nochmal dort ansetzt, wo „Celestial Lineage“ endete.

  7. Die Rezension spricht mir aus der Seele. Das Album klingt ziellos und beliebig. Vielleicht hätte man besser in der Richtung Celestite’s weitergeforscht. So werden nur Erwartungen bedient, eine erkennbare eigene Entwicklung gibt es aus meiner Sicht nicht. Schade, ich hoffte, dass sich der Trend von Celestial Lineage nicht derart fortsetzt, ahnte es jedoch. Schön, dass das Album zumindest hier kritisch rezipiert wurde, Sarah.

    Beschönte Grüße
    M

  8. Hei W.W.,
    wenn es dir nach „bedrückende[r] und bedrohliche[r] Stimmung“ steht, dann empfehle ich dir eher Blut Aus Nord mit „The Work Which Transforms God“ oder Ævangelist mit „Writhes In The Murk“.

    Und: Hast du schon das Debüt von Wildernessking gehört? Fans von WITTR dürfte das ansprechen!

    1. Hallo Sarah,

      vielen lieben Dank für die Empfehlungen. ÆVANGELIST ist leider überhaupt nicht mein Ding. Die Atmosphäre ist schon unvergleichbar aber es ist mir insgesamt dann doch etwas zu extrem und zu wenig musikalisch (erinnert mich irgendwie an GNAW THEIR TONGUES). BLUT AUS NORD hatte ich zwar auf dem Schirm, hab denen aber nie wirklich eine Chance gegeben. Das Album gefällt mir aber richtig gut! Schade nur, dass keinerlei Texte zu finden sind.

      WILDERNESSKING sind mir ob ihrer exotischen Herkunft durchaus ein Begriff aber bisher habe ich da auch noch nicht reingehört. Das werde ich nachholen!

  9. Das Album habe ich zwar noch nicht gehört aber das Cover hat es mir irgendwie richtig angetan. Wenn sich nur annähernd diese bedrückende und bedrohliche Stimmung des Covers auch in der Musik wiederfindet, könnte das durchaus etwas für mich sein.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert