Die Releases des Eigenproduktions-Labels Zeitgeister stechen zumeist schon durch ihre genialen Artworks aus der breiten Masse hervor. Entsprechend überrascht war ich beim letzten WOBURN HOUSE-Album, dass mir das Coverbild überhaupt nicht zu gefallen wusste – und umso begeisterter bin ich, dass nach diesem Ausrutscher das Artwork des neuen Albums „Sleep Summer Storm“, für welches sich wie beim Debüt wieder Valborg-Bassist Jan Buckard verantwortlich zeichnet, mit zu den schönsten gehört, die ich dieses Jahr in die Finger bekommen habe.
Und auch musikalisch kann „Sleep Summer Storm“ locker mit seinem Vorgänger mithalten: Hinter sphärischen Cleangitarren und extrem kraftvollem Klargesang verbirgt sich eine ganz eigene Welt aus mystischer Atmosphäre und von bezaubernder Schönheit, wobei letztere oft im einfach strukturierten, simplen zu finden ist: So beschränken sich WOBURN HOUSE auch auf ihrem dritten Album auf recht simple Gitarrenmelodien und Tonfolgen, welche sie jedoch so schön und stimmungsvoll darzubieten wissen, dass sie von Wiederholung zu Wiederholung kraftvoller zu werden scheinen. Dem Ganzen verleiht die sehr individuelle Stimme von Christian Kolf einen verwegenen Touch, welcher – logischerweise – an die Death-Doom-Schwesterband Valborg denken lässt.
Grundsätzlich geht die nach dem Ausstieg von Bassist Fabian nur noch als Duo aktive Band hier jedoch deutlich ruhiger zu Werke: Cleangitarren und Klargesang bilden das Zentrum der Musik, getragen nur durch auf das Nötigste wie gelegentliche Beckenschläge und taktgebendes Hi-Hat-Streicheln reduziertes Drumming. Auf die von Zeit zu Zeit eingesetzten verzerrten Gitarren trifft dabei perfekt das Zeitungsträger-Prinzip zu: Keiner nimmt von ihnen explizit Notiz, würden sie jedoch einmal nicht zur rechten Zeit kommen, wäre es dafür umso auffälliger.
Wirklich auffällig hingegen sind die Songlängen: Denn wo „Monstrous Manoeuvres In The Mushroom Maze“ auf knapp eine Stunde Spielzeit nur fünf mitunter überlange Songs zu bieten hatte, gibt es hier mit acht Songs in 40 Minuten in zwei Drittel der Zeit ein Drittel mehr Songs. Die damit logischerweise einhergehende Kürzung der Einzelsong-Längen, wie auch die Reduzierung der Gesamtspielzeit, sind hier jedoch nur positiv zu werten, wird das Schaffen des Bonner Duos so doch ohne an Atmosphäre zu verlieren übersichtlicher, vielfältiger und prägnanter zugleich – und bedingt durch diese Faktoren im Endeffekt auch leichter zu konsumieren.
Mit „Sleep Summer Storm“ legen WOBURN HOUSE genau das Album vor, das man sich von ihnen erhofft hatte: Atmosphärisch wie aus einem Guss ist das Werk im Detail durch die erhöhte Songzahl beziehungsweise reduzierte Stücklänge abwechslungsreicher und vielfältiger als noch der (ebenfalls schon sehr schöne) Vorgänger. Kraft-, stimmungs- und gefühlvoll zugleich nehmen WOBURN HOUSE den Hörer hier mit auf eine intensive Reise durch die Nacht – einer großen, grimmig dreinblickenden Sonne entgegen.
Wertung: 8.5 / 10