Schon mit ihrem Zweitwerk „Reflection Of The I“ haben die Norweger Winds vor zwei Jahren nicht schlecht für Aufsehen gesorgt, ist ihre Musik doch alles andere als gewöhnlich oder leicht verdaulich. Allein, dass hier ein neoklassischer Gitarrist sowie ein klassisch ausgebildeter Gitarrist sowie auch Jan Axel van Blomberg (a.k.a Hellhammer) am Schlagzeug sitzt, liest sich wohl recht seltsam.
Es gibt zwar genügend Abwechslung im Laufe der Dreiviertelstunde, doch aufgrund der Tatsache, dass man „The Imaginary Direction Of Time“ als Gesamtwerk hören sollte bzw. muss, werde ich keine Titel gesondert hervorheben. Und das muss auch nicht sein, denn vor allem in Reihe gehört entfalten die zwölf Stücke erst richtig ihre Wirkung.
Für den typischen Metalhörer ist Winds vielleicht nichts, weil sie völlig anders sind – aber vielleicht gefällt es gerade deswegen einigen. In fast jedem Lied kommen gefühlvolle Streicher zum Einsatz, die neben den Keyboard- und Pianoklängen von Andy Winter für eine schaurig-schöne und melancholische Atmosphäre und stellenweise auch eine wohlige Gänsehaut sorgen. Für manch einen mögen sich die Klavierklänge zu weit in den Vordergrund drängen, aber gerade der häufige und dominierende Einsatz von Tasten- und Streichinstrumenten ist sehr wichtig und essentiell für den Sound von Winds.
Größtenteils bewegt sich das Material sehr langsam voran, fast schon im Doom-Bereich. Auch das Drumming ist bis auf ein paar wenige, treibende Stellen sehr zurückgezogen und rhyhtmusorientiert, schnelle Ausbrüche gibt es fast nie. Oft spielt die Band mit ambienten und sehr ruhigen und verträumten Klängen, an die oftmals ein Heavy-Part mit tief gestimmter Gitarre und öfter auch frickeligen Stellen, die halten sich aber meistens dezent im Hintergrund, wie im Großen und Ganzen die harte Gitarrenarbeit, denn dominierend ist die nur in den härteren Parts, und die wechseln sich in schöner Regelmäßigkeit mit dem dominierenden Spiel von Andy Winter ab.
Über all dem thront der Gesang von Lars Eric Si, der eine wirklich außergewöhnliche Stimme hat. Anfangs wirkte er auf mich etwas monoton, doch stellte ich dann recht schnell fest, wie viel Gefühl und Emotion er in seine Gesänge legt.
Winds machen keine mainstream-orientierte Musik und lassen sich irgendwie mit keiner Band auch nur halbwegs vergleichen. Das Material ist an sich schon recht sperrig, aber wenn man die Musik unterm Kopfhörer auf sich wirken lässt, entfaltet „The Imaginary Direction Of Time“ eine majestätische Schönheit.
Das wäre dann auch der Punkt: Diese CD ist nichts fürs Auto, für eine Party, für die Tanzfläche oder zum nebenbei hören. Diese Scheibe braucht viel Zuwendung und uneingeschränkte Aufmerksamkeit, um wirklich gut zu werden. Ansonsten plätschert sie nur an einem vorbei und man verpasst ein großes und sehr detailverliebtes Stück Musik.
Wer sich also gerne mit dem Kopfhörer aufgesetzt mit „anderer“ Musik entspannen will, sollte hier mal unbedingt reinhören.
Wertung: 8 / 10