Australien hätte ich mir als Ursprungsland dieser Musik auch nicht träumen lassen. Doch auch dort gibt es freilich ein bisschen Interesse am sogenannten AOR oder Melodic (Hard) Rock. Die Band WHITE WIDDOW gründete sich erst 2008, haben aber bereits jetzt über AOR Heaven ihr Debutalbum, das sie ideenloserweise mit „White Widdow“ betitelt haben, am Start.
Die Musik orientiert sich stark an den 80er-Erfolgsjahren der Spielart, und die Vorbilder sind im Umfeld von Survivor, Europe, Journey, Toto oder auch frühen Bon Jovi zu suchen. WHITE WIDDOW wissen erfreulicherweise auch mal das ein oder andere knackige Riff in ihre Songs zu integrieren, so dass der Auftritt nicht ganz so verweichlicht wirkt wie bei manchen Genre-Kollegen.
Das Händchen für Melodien kann man den Jungs von Down Under ebenfalls nicht absprechen. Ein Großteil der Stücke hat sich zweifellos das Prädikat Ohrwurm verdient, da sie sich durch die harmonischen Leads und die eingängigen Refrains und Choräle schnell in den Gehörgängen breit machen. Innovativität kann ich den Australiern nicht gerade bescheinigen, sie bauen ihre Songs auf einem Grundgerüst auf, das bereits den genannten Vergleiche einst zum Erfolg verhalf.
Mit ihrer Gesangsleistung haben WHITE WIDDOW aber ein ordentliches As im Ärmel. Jules Millis hat eine unheimlich markante Stimme mit einem warmen, melodischen Timbre, das die Höhenpunkte perfekt ausreizen kann. Wenn dann mehrere Gesangsspuren übereinandergelegt werden, oder die Mitstreiter in chorale Passagen einsteigen, sind die Songhöhepunkte und Refrains dann ausgesprochen catchy und können den geneigten Hörer zweifellos mitreißen.
Was mir auf „White Widdow“ noch gut gefällt, ist ein dezentes Maß an Emotionalität. Da die Musik allgemein schon viele emotionale Momente beinhaltet, finde ich eine übertriebene Menge an zusätzlichen Balladen unnötig. Die Australier halten sich in der Hinsicht dankenswerterweise zurück. Sie setzen insgesamt schon auf Harmonie, auf einprägsame Hooks und eingängige Melodien, umschiffen aber die gefährlichen Kitschgefilde der Spielart zumeist recht elegant.
Und „Tokyo Rain“, „Broken Hearts Won’t Last Forever“, „Spirit Of Fire“, „Change Of Passion“ und sogar das balladeske „Shadow Of Love“ sind wirklich klasse Tracks, die den AOR und Stadionrock der 80er-Jahre gekonnt wiederauferstehen lassen.
„White Widdow“ gehört zu den besseren AOR-Alben, die ich in diesem Jahr gehört habe. Die australischen Newcomer bringen auch ein bisschen Drive und Energie in ihren Kompositionen unter. In Kombination mit den ohrwurmhaften Konstrukten und Melodien entsteht so ein durchweg gelungenes Debut-Werk. Besonders bei den 80er-Fans des Genres werden WHITE WIDDOW Gefallen finden.
Wertung: 7.5 / 10