Nachdem „This Is The Six” (2012) und „Brainwashed” (2015) den jungen Engländern WHILE SHE SLEEPS jede Menge Herzen in der Metal-Community zufliegen lies, kommt das dritte Album dementsprechend mit jeder Menge Vorschusslorbeeren und steht zugleich einer enormen Erwartungshaltung gegenüber. Keine leichten Startbedingungen für „You Are We“.
Allerdings auch nichts, was die Band eingeschüchtert hat, wie schon nach dem Opener und Titeltrack klar ist. Denn „You Are We“ zeigt genau jene Trademarks, die WHILE SHE SLEEPS schon immer ausgemacht haben: knackige Riffs, satte Breaks und Loz‘ Screams, alles in Gegenüberstellung zu tollen Melodien und Mats Klargesang. Ein starker Auftakt, der auch zugleich die Ausrichtung von „You Are We“ klarmacht.
Denn auf ihrer dritten Platte gehen die Herren aus Sheffield noch konsequenter ihren Weg. Konkret heißt das, dass die genreüblichen Aggro-Tiraden noch mehr zurückgefahren wurden und vermehrt auf melodiösen bzw. Klargesang und großartige Gitarrenmelodien gesetzt wird. Dies bedeutet aber keinesfalls, dass man auf „You Are We“ auf fette Breaks oder Rifflawinen verzichten muss: „Steal The Sun“ und „Civil Isolation“ beispielsweise halten beides bereit, aber auch „Feel“ und „Silence Speaks“ kommen mit amtlicher Härte um die Ecke, um nur einige zu nennen. Ganz nebenbei klingt Oli Sykes auf „Silence Speaks“ so aggrressiv wie auf dem kompletten letzten Bring-Me-The-Horizon-Album nicht.
Aber WHILE SHE SLEEPS sind anno 2017 eben viel mehr als nur eine Metalcore-Band, die einen Breakdown nach dem andern raushaut und dazu irgendjemand in ein Mikro brüllen lässt. „Your Are We“ zeigt eine (junge) Band, die konsequent ihren Weg geht und dabei auch in Kauf nimmt, von Genrepuristen fallengelassen zu werden.
Neben den starken Melodien („Empire Of Silence“) glänzen WHILE SHE SLEEPS aber auch mit teilweise brillanten Ein- und Zweizeilern wie “You watch your countless wars / we want to count less wars“ oder “We’re building walls where there should’ve been bridges / borders in the land we roam / we pray for war like it’s some fucking religion / when greed is all we know.”. Einfach? Sicher. Sehr heruntergebrochen? Auf jeden Fall. Ohrwurm und Livegranate? Definitiv. Was Kritikern vielleicht sauer aufstoßen wird, ist, dass die Truppe sich in ihren Texten mit Allgemeinplätzen begnügen, anstatt den angesprochenen Probleme auf den Grund zu gehen. Aber ganz ehrlich, wer hat das seit Rage Against The Machine zuletzt getan (mal abgesehen von den großartigen Stray From The Path)? Und was wäre die Alternative? Mehr Mordfantasien, Partyexzesse oder Beziehungsdramen? Nein danke, dann doch lieber ein paar (zugegeben teilweise möchtegern) sozialkritische Phrasen, die live ordentlich knallen und dank ihrer Ausrichtung nichts mit rechten Volldeppen wie Xavier Naidoo gemein haben, auch wenn mancher hier meint einen Vergleich ziehen zu können.
Unterm Strich sind WHILE SHE SLEEPS auf ihrem neuen Album genau das – sie selbst. Die Engländer waren schon immer anders als das Gros der Metalcore-Bands und gehen ihren Weg konsequent weiter. Auf diesem haben sie mit „You Are We“ eine unheimlich vielschichtige Scheibe geschaffen, die dem Hörer Zeit abverlangt, um all die Melodien, Spielerein, fetten Riffs und starken Breaks in ihrem Zusammenspiel auf sich wirken zu lassen. Dann aber entfaltet sich ein grandioses Werk, das die Messlatte auf eine Höhe legt, die außer WHILE SHE SLEEPS (dieses Jahr) nur wenige erreichen werden. Wem das zu viel Arbeit ist, oder wer von dermaßen viel Klasse und Vielschichtigkeit kapituliert, der greift lieber zum x-ten Killswitch-Engage-Klon ohne Melodie und freut sich über seinen Teller mit schön hohem Rand.
Wertung: 9.5 / 10
Wäre euch „Volksbürger“ lieber? Oder „Identitärer“? Different name, same shit.
Xavier Naidoo soll ein rechter sein? Da sieht man wie vorsichtig man hier mit seiner Meinung sein muss. So etwas hier darf man absolut nicht unterstützen. Der dümmste Kommentar in den ganzen Jahren.
Damit magst du recht haben. Also mit dem letzten Satz.