Die englische Presse ist meist nicht schüchtern, wenn es darum geht, einen einheimischen Künstler zu hypen. Dumm ist nur, dass dann oft nicht viel dabei rumkommt, viele dieser Hypes verpuffen wirkungslos. Momentan ist die aus Sheffield kommende Metalcore-Band WHILE SHE SLEEPS die große Hoffnung der englischen Metal-Szene und wird entsprechend gehyped. Da die 2010er EP „The North Stands For Nothing“ ja bereits recht cool war, besteht Hoffnung für die britische (Fach-) Presse diesmal mit ihren Vorschusslorbeeren richtig zu liegen.
Metalcore als Genrebezeichnung hat sich im Laufe der letzten Jahre eher zum Schimpfwort als zum Lob entwickelt, was hauptsächlich an der unglaublichen Menge schlechter Unearth/ Killswitch Engage Kopien lag. Allerdings blüht im Vereinten Königreich der Metalcore gerade wieder auf, angeführt von Bands wie Bury Tomorrow und eben WHILE SHE SLEEPS.
Also Silberling eingelegt und rums! „Dead Behind Eyes“ geht direkt in die Vollen und zeigt, warum Metalcore eigentlich mal eine gute Sache war. Dicke Riffs und aggressives Shouting treffen auf fette Breakdowns und melodische Gitarrenläufe. Gastsänger Andrew Neufeld (Comeback Kid) fügt sich super ins Gesamtbild ein – ein super Einstieg, da gibt es nichts zu meckern. In dieser Manier geht es weiter – richtig dicke, geile Riffs, gewürzt mit melodischen Gitarrenläufen wie zu Beginn von „False Freedom“, die einfach nur Spaß machen.
Und plötzlich ein Piano. Kurz am Kopf gekratzt und als Intro zu „Our Courage, Our Cancer“ abgetan. Und damit vollkommen falsch gelegen – zieht sich dieser Klaviereinsatz doch durch den kompletten Song, taucht immer mal wieder im Hintergrund auf und schließt mit dem Outro den Kreis. Sehr cool gemacht, auch wenn bei „Love At War“ das exakt selbe Schema verwendet wird, was dann etwas befremdlich anmutet, auch wenn es wieder sehr gut umgesetzt ist.
Klanglich sind WHILE SHE SLEEPS eher der metallastigen Seite des Metalcore zugetan. Die Gitarren klingen wie im Melodic Death und das Organ von Lawrence Taylor ist dem des Darkest Hour Fronters John Henry nicht unähnlich. Durchzogen wird der Sound von einer Hardcore-Attitüde, die richtig Feuer rein bringt. Die Brüllvocals werden immer wieder von melodischen Gitarren-Leads durchbrochen, so dass Emotionalität und wütende Aggression gekonnt miteinander verbunden werden. Ergänzt wird das Paket durch hymnenhafte Chöre, die einem eine Gänsehaut auf den Rücken zaubern. Verpackt ist all das in einem organischen, ungekünstelten Sound, der die unglaubliche Leidenschaft und Spielfreude der Musiker wunderbar zur Geltung bringt.
Fazit: Sehr cooles Album, das man gerne wiederholt auflegt. Allerdings würde es WHILE SHE SLEEPS gut zu Gesicht stehen, öfter mal aus ihren Genregrenzen auszubrechen (besonders im Hinblick auf zukünftige Alben), da die Schemata eben nicht besser werden, nur weil man sie immer wieder wiederholt. Trotzdem eine Empfehlung für Interessierte und Neugierige – Genre-Fans sollten diesen Knaller sowieso schon im Schrank haben.
Anspieltipps: „False Freedom“, „This Is The Six“ und „Be(lie)ve“
Wertung: 8 / 10