Kaum eine andere Band im modernen Metal hat in den letzten Jahren so viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen wie WHILE SHE SLEEPS. Mit energetischen Live-Shows, starken Releases und großer Liebe zum Detail, was Artworks und Videos angeht, haben die Briten sich auch über die europäischen Grenzen hinaus einen Namen gemacht. Mit ihrem vierten Album „So What?“ wollen die fünf Jungs nun ihren Siegeszug fortsetzen. Dass dies ihnen gelingen wird, steht eigentlich außer Frage, auch wenn das neueste Werk neben einigen Höhen leider auch ungewohnt viele Tiefen zu bieten hat.
So schlagen WHILE SHE SLEEPS auf „So What?“ einen melodischeren, auf Eingängigkeit getrimmten Weg ein, der sich auf dem Vorgänger „You Are We“ zumindest teilweise schon angedeutet hat. Bereits das 2017er-Album musste mit gespaltenen Meinungen leben, die von großem Lob bis hin zu harscher Kritik reichten. Dennoch fanden sich genug Ecken und Kanten, schnelle, eingängige Melodien und Hooks, die sich im Kopf festsetzen konnten. Die Trademarks der überragenden Platten „Brainwashed“ und „This Is The Six“ wurden somit fortgeführt und mit einer glatteren Produktion versehen. Zwar muss man sagen, dass die Melodien und Mitsingrefrains auf „So What?“ immer noch, zweitere sogar noch häufiger gegeben sind, das Rohe der Vorgängeralben jedoch vollkommen über Bord geworfen wurde. So hat man das Gefühl, dass WHILE SHE SLEEPS ihre Lieder auf Gedeih und Verderb in den Gehörgängen des Hörers verankern wollen.
Ein Vorhaben, das den Jungs aus Sheffield aber nur bedingt gelingt. Zu oft wirkt ihr Vorgehen dabei zu aufgesetzt und zu sehr gewollt. Hinzu kommen seltsame und unpassend platzierte elektrische Spielereien und Spoken-Vocals-Parts daher, die wirken, als wolle man einem Trend hinterherjagen. Damit schießen sich WHILE SHE SLEEPS jedoch selbst ins Bein, da diese Experimente nicht im Ansatz an die Qualität von Bands wie Crystal Lake oder Silent Planet heranreichen. Um dies zu verdeutlichen muss man sich nur den Song „Back Of My Mind“ anhören: Ein tolles Intro-Riff lässt den Hörer erst vor Freude strahlen. Der Song nimmt im ersten Viertel ordentlich an Fahrt auf und wird plötzlich von akustischen Gitarren und Klargesang unterbrochen. Nicht, dass dies an sich schlechte Elemente sind, sie verhindern mit ihrem übermäßigem Einsatz aber auf fast jedem Song des Albums, dass sich diese natürlich entwickeln können.
Dass nicht alles auf „So What?“ schlecht ist, steht außer Frage. Die Briten haben ja nach wie vor ihr Talent für tolle Gitarrenriffs nicht verlernt und so stehen mit „The Guilty Party“ und „Elephant“ zwei grandiose Songs in der Mitte des Albums. Auch ist Mat Welshs Klargesang, wie man es von ihm gewohnt ist, grundsätzlich hochwertig und auch die Shouts von Loz Taylor überzeugen nach wie vor. Umso ärgerlicher ist es, dass das auf den Vorgängeralben vorhandene Gespür fürs Songwriting ein fast 50-minütiges Blackout erlebt. Das für „Back Of My Mind“ beschriebene Szenario ließe sich nämlich auch auf Songs wie „Inspire“, „Set You Free“ oder „Good Grief“ anwenden. Der Rausschmeißer „Gates Of Paradise“ treibt das Dilemma des vierten WHILE-SHE-SLEEPS-Albums auf die Spitze: Aufgrund der durchweg tollen Riffs und Melodien sowie einem unglaublich eingängigen Refrain könnte es der beste Song der Platte sein, jedoch leistet sich Loz Taylor zu Beginn der Strophen einen gesangstechnischen Fauxpas, der das Kratzen von Fingernägeln über eine Tafel zu einem angenehmeren Hörerlebnis macht.
Nach den elf Songs steht das große Fragezeichen des Albumcovers dem Hörer ins Gesicht geschrieben. Was haben sich WHILE SHE SLEEPS bei „So What?“ gedacht? Wie kann man so viele gute Ansätze in den Sand setzen? Wo sind die Ecken und Kanten der Vorgänger? Wo ist das ausgeklügelte Songwriting von „Brainwashed“ und „This Is The Six“ geblieben? Die Antwort kann einem wohl nur die Band selbst liefern. Insgesamt ist „So What?“ aber zu glatt, zu aufgesetzt und zu unnatürlich, dass man nur hoffen kann, dass die Briten sich in Zukunft wieder auf ihre Stärken fokussieren und dies nur ein Ausrutscher bleibt.
Wertung: 4 / 10