Spezialkenntnisse in der norwegischen Sprache sind nicht nötig, um die Bedeutung von „Ingenmannsland“ zu erfassen. Erik Evju, besser bekannt unter seinem Projektnamen WEH, besingt seit jeher düstere Themen seiner skandinavischen Heimat und kam auf seinem dritten offiziellen Album nun beim Niemandsland an. Dabei lässt sich durchaus konstatieren, dass eine gewisse Einsamkeit auch den beiden Vorgängern En Natt Komm Doed und Folkloren inne wohnt.
Ist es möglich, das Dunkelheits-Niveau der beiden genannten Platten noch anzuheben? Schwer anzunehmen und tatsächlich klingt „Ingenmannsland“ in seiner Gesamtheit gesehen nicht allzu viel anders als WEH anno 2012 und 2013. Die Basics sind ohnehin klar, Akustikgitarre und eine tiefe, klare Stimme. Mehr Möglichkeiten hat Erik nicht, aber somit auch keine Gelegenheit, sich in irgendeiner Art und Weise zu verzetteln. Obwohl einige Lieder verhältnismäßig opulente Spielzeiten aufweisen (dreimal geht’s über sechs Minuten hinaus), kann von Progressivität nicht die Rede sein. Klar, auch die kürzeren Nummern finden auch dieses Mal nicht den direkten Weg ins Ohr, aber dies liegt nicht an verschachtelten Strukturen, sondern an der für stromgitarrengewohnte Ohren erst einmal ungewöhnlichen Musik.
Wobei, so ganz stimmt das nicht, denn nach mehrfachem Hörgenuss lässt sich konstatieren: Die Songs sind zwar allesamt von sehr solider Handwerksarbeit geprägt, aber sie stechen aus dieser breiten Masse zu selten heraus. Hatte WEH in der Vergangenheit eigentlich immer mindestens einen echten Hit parat, bleibt ein solcher hier aus. Zwar haben Nummern wie das sehr elegische „The Oath“ oder das abschließende „The Great War“ ihre Momente und ab und an ertappt man sich auch beim dezenten Nachpfeifen, aber dauerhaft im Ohr bleiben auch diese Lieder nicht. WEH kann man dabei allerdings nur bedingt einen Vorwurf machen, wie schon angedeutet, bleibt Erik seiner Linie treu und macht das beste aus den spärlichen Möglichkeiten, sogar die heimatliche Mundart spart er dieses Mal aus, die zuletzt für anstrengendes Hören sorgte. Musikalisch zupft er mal die Saiten, mal spielt er die Akkorde offen, was immerhin einige Stufen in der Härteskala überbrückt. Zwischen sanft und traurig auf der einen und emotional und fordernd auf der anderen Seite deckt er die Facetten ab, verliert dabei aber manches Mal den Song als solchen aus dem Blick, was in der angedeuteten Langeweile in manchen Phasen mündet.
Viele Variationsmöglichkeiten bleiben WEH nicht mehr. Das Konzept ist jetzt drei Alben lang gut aufgegangen, aber allmählich könnte Erik versuchen, seinen Sound etwas zu variieren. „Ingenmannsland“ ist wieder ein niveauvolles Album für den anspruchsvolleren Freizeit-Folker geworden, der ganz große Wurf sieht dann aber doch noch anders aus. Ein leichter Rückschritt ist jedenfalls zu verzeichnen.
Wertung: 7 / 10