Review Vuur – In This Moment We Are Free – Cities

Obwohl ihre Tage mit The Gathering schon lange gezählt sind, wurde es nie wirklich still um Anneke Van Giersbergen. Während sich die niederländische Meistersängerin in ihrer Soloarbeit sanfteren Klängen gewidmet hat, trieb sie sich unter anderem zusammen mit Devin Townsend weiterhin im progressiven Bereich herum – wie schon auf den letzten Alben ihrer ehemaligen Band. Als Anneke dann Ende 2016 ankündigte, mit ihrem neuen Projekt VUUR wieder härtere Musik machen zu wollen, konnte man demnach wohl schon erahnen, in welche Richtung diese gehen würde. Ganz richtig, ihr Debüt „In This Moment We Are Free – Cities“, auf dem die Niederländerin Erlebnisse aus ihren bisherigen Reisen einfließen lässt, ist keine Rückkehr zum schleppenden Doom Metal von „Mandylion“, sondern eine dynamische Prog-Metal-Platte mit allem, was dazugehört.

Einen treffenderen Namen als VUUR, das im Niederländischen Feuer oder auch Leidenschaft bedeutet, hätte Anneke für ihr fünfköpfiges Ensemble kaum wählen können. Das merkt man bereits im eröffnenden Siebeneinhalbminüter „My Champion – Berlin“: Gesanglich in absoluter Höchstform erzeugt Anneke mit ihrer Stimme ein Gefühl von Dramatik und Erhabenheit und das ohne den geringsten Anflug von überschüssigem Pathos. Doch auch die um sie versammelten Instrumentalisten verstehen sich hörbar auf ihr Handwerk. Ein groovendes Riff hier, eine verspielte Leadgitarre dort, dann das eine oder andere flinke, aber stets auch stimmige Solo und noch ein bisschen Double-Bass-Drumming, schon haben VUUR alle Stilmittel beisammen, die man auf einer guten Prog-Scheibe hören will.

Auch friedliche Clean-Gitarren wie etwa auf dem zum Staunen einladende „Valley Of Diamonds – Mexico City“, spannende, orientalische Tonfolgen („Save Me – Istanbul“) und dezent eingeflochtene Electro-Keyboards wie zum Beispiel auf dem schwermütigen „The Martyr And The Saint – Beirut“ haben VUUR auf Lager. Obwohl also keiner der beteiligten Musiker den anderen in irgendetwas nachsteht, hat man doch ein bisschen das Gefühl, dass die Arrangements allzu sehr auf Annekes Gesang fokussiert sind. Hin und wieder erscheint die Gitarrenarbeit demgegenüber ein wenig zu stumpf, was zum Teil auch der übertrieben sterilen Produktion geschuldet ist.

Letztlich ist es jedoch nur ein kleiner Zacken, den VUUR sich damit aus der Krone brechen. Denn mal ehrlich, wenn man schon eine Sängerin am Mikro hat, die in einer guten Stunde derart authentisch zwischen kraftvollen, epischen, fragilen, melancholischen und hoffnungsvollen Tonlagen wechseln kann, spricht auch nichts dagegen, ihr das Rampenlicht zu überlassen. Ganz besonders, wenn dabei eine so einfühlsame Halbballade wie das abschließende „Reunite! – Paris“ herauskommt, bei der man sich die eine oder andere Träne verkneifen muss.

Einer gewissen wehmütigen Nostalgie kann man sich beim Hören von „In This Moment We Are Free – Cities“ nicht erwehren, denn ein Meisterwerk atmosphärischen Metals wie seinerzeit „Mandylion“ oder „Nighttime Birds“ ist es leider nicht geworden. Doch das konnte auch niemand ernsthaft erwarten. Wem es jedoch gelingt, die Vergangenheit ruhen zu lassen, wird auch mit dem aktuellen Schaffen von Anneke Von Giersbergen viel Freude haben. Abgesehen von dem einmalig ausdrucksstarken Gesang ihrer Frontfrau haben VUUR nämlich noch viele weitere Vorzüge, die ihr Debüt zu einer durchwegs mitreißenden Platte machen, deren Leidenschaft wie eine helle Flamme lodert.

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Wertung: 8 / 10

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