In der jüngeren Generation von Metal-Hörern gehören VOIVOD nicht mehr zum Kanon der großen (Progressive-)Thrash-Metal-Bands, was nicht zuletzt daran liegen mag, dass Bandkopf Denis D’Amour seit inzwischen acht Jahren tot ist und die Band seitdem nur noch das von ihm hinterlassene musikalische Rohmaterial in die Tat umsetzt und später live präsentiert. „Target Earth“ ist nun das Album, mit dem man eine eigene Existenzberechtigung erwerben will.
Ob das wirklich klappt, weiß man auch nach mehreren Durchläufen nicht so recht, richtige Jubelstürme wissen VOIVOD 2013 nicht auszulösen. Zwar ist das schon das, was man grob erwarten darf: Progressive, verschrobene Ansätze im Midtempo-Thrash-Gewand und zwischendurch ein paar Samples mit Industrialfeeling, dazu der gepresste Gesang Denis Belangers. Komplexe rhythmische Einfälle auf der Gitarre und dem schön schnarrenden Bass wissen einen durchaus dichten Sound zu erzeugen und die Gesamtatmosphäre hat etwas gewohnt Fremdes, leicht Abstoßendes. Aber: Die Songs sind überwiegend vollkommen höhepunktfrei, die Riffs für sich genommen essenzlos und nicht zuletzt klingt Belanger meistens eher nervig als mitreißend, wohl nicht zuletzt, weil er seltenst einprägsame Melodien intoniert. Melodien sind zwar auch offensichtlich nicht das, worauf sich VOIVOD beim Songwriting konzentrierten, aber sie wären hin und wieder wohl doch hilfreich gewesen, um dem sehr entseelten, dabei aber durchaus anspruchsvollen Sound mehr Struktur und Ankerpunkte zu verleihen. Auch die Abwechslung, die objektiv vielleicht gegeben sein mag, bleibt subjektiv auf der Strecke, weil man die Riffs doch schnell als gleichförmig und monoton empfindet.
Wenn es dann mal abgeht, wie in „Kluskap O’Kom“, vermögen VOIVOD auch nicht richtig zu fetzen und selbst stimmungsvolle Momente wie zu Beginn von „Empathy For The Enemy“ werden leider rasch wieder von der anstrengenden Hauptfahrtrichtung auf „Target Earth“ abgelöst.
Schlecht ist das Gesamtprodukt nicht, eine gewisse Faszination vermag auch dieses Album zwischendurch zu entfalten und zumindest eigenständig klingt die Band wie eh und je, aber wenn die 56 Minuten dann vorbei sind, hat man nicht eben das Gefühl, seinen Tag durch das Hören wirklich maßgeblich bereichert zu haben. Dafür entsteht insgesamt einfach viel zu wenig Spannung – nebenbei läuft das super durch, aber dass danach großartig etwas hängen bleiben würde, kann man nicht wirklich behaupten. Schade, einige Passagen lassen durchaus vermuten, dass man es besser gekonnt hätte und aus Nostalgie-Gründen mag „Target Earth“ auch durchaus Spaß machen. Für neue Hörer lohnt es sich aber nicht, sich wegen dieses Albums mit der Band zu beschäftigen.
Wertung: 6 / 10