Review Vitam Aeternam – The Self-Aware Frequency

Devil Doll waren (oder sind?) der Inbegriff eines Geheimtipps: Angeführt von einem mysteriösen Exzentriker mit dem Pseudonym „Mr. Doctor“ veröffentlichten sie vor allem in den 90er Jahren einige einzigartige, experimentelle Symphonic-Rock-Alben, die nie auch nur ansatzweise in den Mainstream vordrangen, aber einen hingebungsvollen Fankult anzogen. Man munkelt zwar, dass die italienisch-slowenische Ausnahmeband selbst heute noch neue Musik kreiert, veröffentlicht wurde davon seit 1996 jedoch nichts mehr. Da kommt es nicht ungelegen, dass VITAM AETERNAM Mr. Doctors skurrilen Stil auf ihrem Debüt „The Self-Aware Frequency“ aufgreifen und diesen unter Zuhilfenahme zahlreicher Gastmusiker – darunter auch Devil-Doll-Gitarrist Bor Zuljan – ins neue Jahrtausend verfrachten.

Die offensichtliche Vorbildfunktion, die Devil Doll für VITAM AETERNAM erfüllen, erzwingt freilich die Frage, ob letztere sich in ihrem eigenen Schaffen zu sehr an erstere anlehnen, ob sie vielmehr auf würdige Weise in deren Fußstapfen treten oder ob sie doch etwas Eigenes kreieren. Die Antwort darauf ist dieselbe wie jene auf die Frage nach der musikalischen Ausrichtung der Band: ein bisschen von allem. Wie das musikalische Äquivalent einer gespaltenen Persönlichkeit schwankt „The Self-Aware Frequency“ immerzu zwischen Extremen hin und her.

Kurze, neoklassische Zwischenspiele mit geschmackvollem Klavier- und Streicherspiel („Death“) wechseln sich mit progressiven Longtracks ab, die im Minutentakt waghalsige Kehrtwenden vollführen. Vor allem in den drei ausgedehnten Kernstücken offenbart sich der schiere Aberwitz, mit dem VITAM AETERNAM Töne und Rhythmen kombinieren. Nicht nur klingt die auch hier vorherrschende klassische Instrumentierung an manchen Stellen beunruhigend misstönend (zum Beispiel die schrill aufkreischende Geige in „Human“), die Band umgarnt sie außerdem mit schwerelosen Keyboards, spacigen Synthesizern, hypnotischen Gitarrenleads sowie mechanischen Industrial-Beats.

Insbesondere die künstliche Perkussion fungiert als moderner Gegenpol zu den organischen Instrumenten und lässt dadurch stellenweise an den anachronistischen Irrsinn von Igorrr denken – allerdings leider ohne deren absurde Komik. Das größte Spektakel präsentieren VITAM AETERNAM allerdings in Form der Vocals, die so ziemlich alles von zerbrechlichem Gesang, imposanten Chören („Machine God“), geradezu absurd theatralischer Stimmakrobatik bis hin zu einer unheimlichen Fistelstimme mit einer verblüffenden Ähnlichkeit zu Mr. Doctors charakteristischem Vortragsstil abdecken.

Eigentlich hätte „The Self-Aware Frequency“ es verdient, dass man lautstark Lobeshymnen darüber singt – wären da nicht zwei gravierende Probleme, die VITAM AETERNAM selbst mit all ihrem Wagemut nicht ganz auszugleichen vermögen. Zum einen sind die Songs zu sprunghaft arrangiert, sodass vor allem die allzu bald wieder abebbenden, intensiveren Parts beinahe inkonsequent wirken. Für schlüssig ausgebaute Spannungsbögen in der Tradition von Devil Doll war auf der gerade mal 36 Minuten langen Platte offenbar kein Platz. Zum anderen enttäuscht „The Self-Aware Frequency“ mit seiner furchtbar dünnen, wenn auch glasklaren Produktion, die nur ganz vereinzelt an Druck zulegt. Schlussendlich haben VITAM AETERNAM hiermit ein überaus interessantes, aber leider weit hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibendes Album kreiert.

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Wertung: 6.5 / 10

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