Review Visions Of Atlantis – Cast Away

Ich muss Visions Of Atlantis zu Beginn meiner Review gleich mal ein wenig in Schutz nehmen. In zahlreichen Rezensionen an anderer Stelle lautet der Hauptkritikpunkt, dass sie so klingen wie Nightwish. Klar sind die Ähnlichkeiten mit dem bombastischen Grundgerüst, flockigen Melodien, der Sopranistin am Mikrophon und dem männlichen Gesangsgegenstück gegeben, das kann niemand abstreiten. Aber die Band allein deswegen zu kritisieren, wäre nicht fair. In der Metalwelt scheint es inzwischen leider schon ziemlich verbreitet zu sein, egal in welcher Unterart, es scheint schon nahezu verboten zu sein, Ähnlichkeiten zu den bekanntesten Vertretern des Genres zu haben. Solang immerhin stellenweise eine eigene Handschrift und, was immer noch die Hauptsache sein sollte, gute Qualität geboten wird, springe ich jedenfalls nicht auf diesen momentan recht trendigen Zug auf.Auch wenn manch einer Visions Of Atlantis nun vorwerfen will, „ganz zufällig“ auf einen Wagon des „Kommerzzuges“, der mit Nightwish, Within Temptation, Xandria, Lacuna Coil und was auch immer schon gut besetzt scheint – auch da steig ich nicht mit ein, da diese Bands eben auch nicht alle gleich klingen.

Die Qualität kann man den sechs Österreichern aber nun wirklich nicht aberkennen. Von Beginn an feuern sie hier eine Ohrwurmymne nach der anderen ab, von denen „Lost“ und „Pharaoh’s Repentance“ meine Favoriten geworden sind. Bombastisch bleibt es von Anfang bis Ende, im Vergleich zu Nightwish geht man aber etwas gediegener und ruhiger zur Sache. Man setzt durchgehend auf eingängige und eher leichte Melodien, wirklich verspielt oder komplex wird’s nicht. Trotz des eher einfach gehaltenerem Strickmusters der Songs können diese auch nach sehr häufigem Hören noch überzeugen, die Abnutzungserscheinungen lassen also brav auf sich warten.
Mein größter Kritikpunkt entfällt hier auf den männlichen Sänger Mario. Der klingt zwar stellenweise wie der junge Tony Kakkoo, aber leider oft zu kraftlos und wenig durchschlagskräftig und verblasst neben der wirklich überzeugenden Leistung von Frontfrau Nicole. Die klingt wie keine andere nach Tarja Turunen, und das ist hier auf jeden Fall als Kompliment zu verstehen. Eine billige Kopie liegt aber auch im Gesangsbereich nicht vor, bei einer derart hochklassigen Leistung braucht man auf diesen Gedanken nicht kommen.
Einen kleinen Durchhänger hat die Scheibe höchstens mit der Schluchzballade „Winternight“, die mich aus welchem Grund auch immer nicht so recht überzeugen kann. Besser ist der Balladenversuch mit dem letzten Song „Last Shut Of Your Eyes“ gelungen, der zum Schluß hin noch ein wenig anzieht. Überrascht hat mich vor allem aber, dass die zentimeterdick aufgetragene Kitschschicht gar nicht mal so abschreckend wirkt, sondern wirklich gut passt. Man höre nur „Realm Of Fantasy“ oder „Lemuria“, da hält man sich nicht zurück und trägt ganz dick auf.

Als Bonus legen die Südländer noch den Videoclip zu „Lost“ bei, der ist aber alles andere als gut gelungen, den würd ich schon eher als peinlich beschreiben. Aber das kann man ja in Zukunft noch verbessern!
Wer also gerne typisch finnisch klingenden symphonischen Metal haben will und dazu noch Gefallen an Nightwish und Sonata Arctica findet, kann auch an Visions Of Atlantis seine Freude haben. Für die Zukunft darf man sich aber trotz allem ein Stückchen Weiterentwicklung wünschen, die es bei den beiden vorher genannten Bands ja auch von Album zu Album, wenn auch nur leicht, passiert.

Wertung: 7 / 10

Geschrieben am 5. April 2013 von Metal1.info

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