Ein Neustart der Kult-Thrasher VIO-LENCE stand schon seit einiger Zeit im Raum, allerdings war es wohl der Split der bisherigen Besetzung von Machine Head im Jahr 2019, der den entscheidenden Zündfunken brachte. Deren Gitarrist Phil Demmel reaktivierte nach seinem Ausstieg bei den „Headcases“ umgehend seine Ur-Band, die seither wieder beinahe in Originalbesetzung firmiert. Weil Mr. Demmel und sein ehemaliger Bandkollege – sowohl bei Machine Head als auch bei VIO-LENCE – sich nicht mehr lieb haben, wurde statt Robb Flynn der frühere Overkill-Klampfer Bobby Gustafson verpflichtet und Bassist Deen Dell musste seinen Posten aus familiären wie beruflichen Gründen an Christian Olde Wolbers (Ex-Fear-Factory) abtreten. In dieser Besetzung haben VIO-LENCE nun ihre Comeback-EP „Let The World Burn“ aufgenommen.
Die fünf Songs der Reunion-EP taugen als Statement, dass mit VIO-LENCE wieder zu rechnen ist und diese Aussage kommt unmissverständlich rüber: Auf „Let The World Burn“ gibt es ab dem ersten Ton Old School Thrash aus dem Bilderbuch, dem die Bay Area aus jeder Note trieft und der auch 35 Jahre nach dem Debüt der Mannschaft nichts von seiner Wut, Aggression und Angepisstheit verloren hat. „Kompromisslos“ ist in diesem Zusammenhang ein gern genutztes Adjektiv und Kompromisse sind VIO-LENCE beim Songwriting offenkundig keine eingegangen.
Wer so stark debütiert, wie es VIO-LENCE einst mit „Eternal Nightmare“ (1988) gelang, der wird sich auf ewig an seinem Erstlingswerk messen lassen müssen. Dessen ist sich die Band sicherlich bewusst und kokettiert sogar damit, denn schon der sägende Gitarrensound von „Let The World Burn“ klingt wie die aktualisierte Version besagter Platte. Auch Sänger Sean Killian kläfft seine stellenweise fast gerappten Texte so psychotisch wie eh und je und ist stimmlich erstaunlich fit, klingt aber auch genauso anstrengend wie in der Vergangenheit – der einstige Exodus-Shouter Paul Baloff bietet sich hier als Vergleichsmöglichkeit an. Zusammen mit den starken Leadgitarren-Duellen der Herren Demmel und Gustaffson ergibt das ein sehr authentisches Bild und macht Lust auf VIO-LENCE in Albumlänge.
Nun ist Thrash Metal nicht die innovativste Form der harten Musik und so sollte man auf „Let The World Burn“ keine großartigen Experimente erwarten. Nummern wie „Flesh From Bone“ oder „Screaming Always“ bieten kraftvolles Abrissbirnen-Riffing im Wechselspiel von kompromissloser Attacke und tonnenschwerem Groove – das markiert bereits die Eckdaten des Sounds von VIO-LENCE. Dabei tendiert die Truppe mit dem rasenden „Gato Negro“ mal mehr in die eine und mit dem wuchtigen „Upon Their Cross“ mehr in die andere Richtung. Die Grenzen des Genres werden damit kaum erweitert, aber weil die Kalifornier die Regeln des Thrash doch zumindest mitverfasst haben, kann das kaum der Anspruch sein und wie gesagt präsentieren sie sich hier zumindest so rotzig und angriffslustig wie eh und je.
Mit „Let The World Burn“ erreichen VIO-LENCE genau das Ziel, das sie sich aller Wahrscheinlichkeit nach auch selbst gesetzt haben: Sie erbringen den Beweis, dass sie zurück sind und nichts von ihrem Handwerk verlernt haben. Die Kalifornier liefern auf dieser EP fünf schnörkellose Thrash-Metal-Nummern, die sich klar an Fans ihrer Frühphase richten. Das ist zu keiner Zeit auch nur im Ansatz innovativ, es kann aber auch nicht oft genug unterstrichen werden, dass das nicht das Hauptkriterium sein sollte. Auf „Let The World Burn“ gibt es 25 Minuten lang energetischen Thrash Metal „wie früher“ und anders dürften es Fans dieser Band auch nicht haben wollen.
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