Die Kalifornier VICIOUS RUMORS gelten seit über 35 Jahren als das Non Plus Ultra in Sachen U.S. Metal und ein Ende scheint kaum in Sicht, denn die Herren um Gitarrist Geoff Thorpe veröffentlichen mit schöner Regelmäßigkeit erschreckend hochwertige Alben. Auf ihrer neuesten Platte „Concussion Protocol“ begrüßt die Truppe nach dem Ausstieg von Brian Allen mit Nick Holleman einen neuen Sänger, von dessen überragendem Talent sich die Welt bereits im Live-Betrieb der Mannschaft überzeugen konnte.
Schade: Da haben VICIOUS RUMORS nach Jahren endlich wieder einen Sänger, der die Songs von einer unsterblichen Platte wie „Digital Dictator“ erwiesenermaßen mindestens so gut wie Carl Albert singen kann, und dann nutzen sie ihn nicht. Stattdessen singt hier über weite Strecken Geoff Thorpe und der klingt nicht annähernd so gut. Zwar trägt das Songwriting von „Concussion Protocol“ bereits im Opener entfernt die Züge klassischen Materials der Band, allerdings ist der Gesang so seelenlos überproduziert wie auf den beiden vorangegangenen Scheiben und das hat ein Sänger wie Nick Holleman nicht verdient. Der verstellt sich hier unnötig und wird in jedem Refrain vom Gebell des Mr. Thorpe übertönt.
Dabei könnte er so gut klingen, wie etwa in „Chemical Slaves“ oder vor allem im balladesken „Circle Of Secrets“ und „Take It Or Leave It“ zu hören, wenn man ihm nur den nötigen Platz einräumt. So entsteht jedoch nur in den seltensten Fällen der Eindruck, dass er die Songs führen würde und das ist wie gesagt schlichtweg schade. Das macht „Concussion Protocol“ natürlich nicht zu einem schlechten Album, zumal das Songwriting sogar etwas ansprechender ausfällt als auf dem ebenfalls gelungenen Vorgänger. VICIOUS RUMORS zeigen sich hier auf gewohnt hohem Niveau: „Concussion Protocol“ ist voll von atemberaubenden Leadgitarren-Duellen der Herren Thorpe und Rasmussen und durchzogen von allerhand Gänsehaut-verdächtigen Melodien – von einem energetischen U.S. Metal-Riff nach dem anderen ganz zu schweigen.
Insgesamt bietet die Truppe hier gar besseres Songwriting als auf „Electric Punishment“, denn die Nummern fallen etwas filigraner und verspielter aus und reißen von Anfang bis Ende mit. Auch in Sachen Abwechslung brauchen sich die Kalifornier keinerlei Vorwürfe anhören, denn zwischen treibenden U.S. Metal-Brechern finden sich groovende Stampfer wie „Victims Of A Digital World“ und „Bastards“ oder das rockige und extrem spaßige „Last Of Our Kind“. Aber dieses Album ist auch nicht so gut, wie es mit einem großartigen Fronter wie Herrn Hollemann hätte werden müssen – da wäre einfach mehr drin gewesen. Abgerundet wird „Concussion Protocol“ von einer wie üblich polierten, druckvollen Produktion, allerdings fällt die hier nicht ganz so pappig wie auf dem Vorgänger aus und das ist nur zu begrüßen.
VICIOUS RUMORS sind eine einzigartige und extrem talentierte Band, die auch mit ihrem mit ihrem zwölften Album wieder zu überzeugen weiß – auf „Concussion Protocol“ gehen treffsicheres Songwriting und technische Finesse Hand in Hand und reißen den Hörer so vom ersten Ton an mit. Der Wermutstropfen ist, dass das enorme Talent ihres neuen Sängers Nick Holleman hier nahezu ungenutzt bleibt. „Concussion Protocol“ hätte ohne weiteres sechs Punkte einfahren müssen, bekommt aber nur fünf, weil hier eine enorme Chance vertan wurde und das ist wirklich schade.
Wertung: 7 / 10