Das Cover von "Was kostet die Welt" von Versengold

Review Versengold – Was kost die Welt

Alles beim Alten bei VERSENGOLD: Die Nordlichter bleiben sich auch auf ihrem zehnten Album „Was kost die Welt“ treu und setzen konsequent ihren mit „Funkenflug“ und „Nordlicht“ eingeschlagenen Weg fort. Dass dieser Weg mainstreamtauglich, mitunter poppig und teilweise im Grenzbereich zum Schlager verläuft, ist inzwischen nichts Neues mehr. „Folk“ und „Rock“ werden aber weiterhin großgeschrieben.

Malte Hoyer legt als Textschreiber beim Titeltrack direkt seinen Finger in eine weltpolitisch aktuelle Wunde und so stellen VERSENGOLD in „Was kost die Welt“ ebendiese Frage. Sind uns unsere gewohnten, verschwenderischen Vergnügungen wirklich so viel wert, dass wir dafür die Gesundheit unserer Erde noch weiter strapazieren, ausreizen und an den Rande des Kollaps bringen wollen? Passend zur Thematik der Vergnügungssucht ist der Titeltrack eine launige Partynummer zum Mitsingen und -tanzen. Die bittersüße Ironie schwingt in den süffisant vorgetragenen Lyrics immer mit – so wird man wohl die mit dem Song gemeinten Menschen kaum erreichen oder zum Umdenken bewegen, aber diese Problematik kann man ja fast nur noch mit Galgenhumor angehen. Genau diese Mischung aus einem ernsten Thema mit pop-rockiger, locker-flockiger Gute-Laune-Musik ist es, die VERSENGOLD schon seit langem sehr gut machen.

Ihrer Heimat frönen die Bremer Musikanten mit dem auf Plattdeutsch gesungenen „Hier kummp de Storm“, doch auch für alle Nicht-Nordländer funktioniert der treibende Song. Spaß machen vor allem „Hey Hanna“ und „Kobold im Kopp“: Beide Tracks haben das Potenzial für zukünftige Mitmach-Hits der Band, die nie mehr aus den Live-Setlists verschwinden dürfen. „Trink aus! – Der alte Rathenstein“ ist eine unmissverständliche Aufforderung, sein Getränk bis auf den letzten Tropfen zu leeren – wer will schon von einem Fürsten aus einer Dresdner Sage heimgesucht werden? Dagegen schlagen VERSENGOLD etwa bei „Die wilde Jagd“ – das auf diesselbe Grimm’sche Volkssage zurückgeht, an der sich auch „The Witcher“ bedient hat – etwas düsterere Klänge an, können aber ebenso mitreißen. Überhaupt ist jeder Song tanzbar, jeder Refrain kann nach sehr kurzer Zeit mitgesungen werden. Bei manchen Tracks, allen voran „Bella schau (mit mir in die Sterne)“, übertreiben sie es allerdings: Wenn der Chorus gefühlt drei Viertel des Liedes einnimmt, stellen sich schnell Abnutzungserscheinungen ein.

VERSENGOLD schlagen wie gewohnt aber auch wieder ruhige Saiten an: „Sternensee“ ist eine ganz bedächtige Ballade, die bei aller Traurigkeit auch einen Funken Hoffnung versprüht. Ganz wie „Haut mir kein‘ Stein“, aber doch völlig anders. Das sehnsuchtsvolle „Windsbraut“ und das motivierende, Mut spendende „Augen auf und durch (Gib nicht auf)“ sind ebenfalls emotional berührend. Vor allem letzterer Track spricht mit der Thematik sicher vielen aus der Seele, gerade in der anhaltenden pandemischen Lage. Auch wenn der Text voller Plattitüden steckt, schaffen es VERSENGOLD wieder, unter die Haut zu gehen. Was bei anderen Bands Fremdscham auslösen würde, funktioniert bei VERSENGOLD einfach, dazu trägt auch die sympathische Stimme und Ausstrahlung von Malte Hoyer einen großen Teil bei. Die Hymne für Zusammenhalt und die Rückkehr zur Normalität ist der schunkelige Abschlusstrack „Die letzte Runde“. „Wir haben uns zu lang nicht gesehen, mein Freund […] Und weiß auch der Teufel, wohin wir alle gehen, irgendwann gibt es ein Wiederseh’n“ bezieht sich natürlich nicht nur auf die im Lied besungene Kneipe, sondern auf alles, wo wir zusammenkommen. Der Song und das gesamte Album machen so viel Lust auf Konzerte, auf gemeinsames Tanzen, Singen und Feiern, dass es fast schon schmerzt.

Hohe Chartplatzierungen, Auftritte im ZDF-Fernsehgarten, Einsatz in TV-Werbespots, ein massentauglicher und moderner Sound: VERSENGOLD machen gut zugängliche, bekömmliche Musik und werden auch mit „Was kost die Welt“ viele Verkäufe erzielen. Aber ist irgendetwas davon schlimm? Wie auch immer man zur Musik der Bremer steht, aus jeder Note und jedem Moment sprühen Leidenschaft und ernsthafte Begeisterung für die Musik. Die Band steht voll hinter ihren Kompositionen und versucht nicht, sich anzubiedern oder zu verbiegen. Wer VERSENGOLD auf den letzten zwei, drei Alben nicht mochte, wird VERSENGOLD auch jetzt nicht mögen. Wer dagegen mit den letzten Alben Freude hatte und gut gemachten, eingängigen Pop-Folk-Rock mag, bekommt mit “Was kost die Welt” ein tolles Album voll mit launigen, berührenden und charmanten Hits. Für VERSENGOLD war das hoffentlich noch lange nicht “Die letzte Runde”.

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Wertung: 8 / 10

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