Review Versengold – Live in Hamburg

Inmitten stetig größer werdenden Erfolges legen VERSENGOLD mit ihrer Paradedisziplin nach: einem Live-Mitschnitt der „Zeitlos“-Tour in Wort und Bild. Nach der Live-CD (2015) ist vor der Live-DVD (2016) könnte man sagen. Während die Doppel-CDs noch Mitschnitte aus verschiedenen Städten featuren, beschränkt sich die DVD auf das Gastspiel der Nordlichter am 25. Oktober 2015 im Gruenspan in Hamburg. Eine Location, der die damals sechs Musiker inzwischen locker entwachsen sind. „Live in Hamburg“ zeigt warum.

Mitten in der Übergangsphase der trinkfesten Deutsch-Folker, noch mit Pinto an der Bodhrán und schon mit Bassist Eike sowie Schlagzeuger Schorti als neue Rhythmus-Fraktion, erfreuen diese im restlos ausverkauften Gruenspan ihre Fans mit ganzen 23 Songs. Mag der Ton über die fast drei Stunden Spielzeit zwar nur in Stereo 2.0 vorliegen, so gerät die Produktion dafür umso besser. Die Einbußen auf modernen Soundsystemen sind mehr als verschmerzbar bei der Spielfreude, die die Szenedurchstarter an den Tag legen. Inzwischen fast gleichermaßen markterfahren und cluberprobt mixen VERSENGOLD alle ihre Stärken und werden dabei professionell von mehreren Kameras so inszeniert, dass keinerlei Overkill aus Effekten und rasanten Schnittfolgen entsteht. Auch „Live in Hamburg“ fokussiert sich vollends auf die Musik und den feierlichen Rahmen eines VERSENGOLD-Konzerts.

Der Gruenspan platzt bei kollektiver Ekstase beinahe aus allen Nähten. Das Erfolgsrezept ist dabei denkbar einfach: Die Musiker verquicken ihre folkig-munteren Geschichten mit Trinkfestem und Tiefsinnigem – im Falle von „Kein Trinklied“ sogar mit beidem. Der Fundus in der Lyrik von Sänger Malte scheint beinahe endlos und reicht sogar bis zu feinster Religionskritik bei „Immer schön nach unten treten“. Dazu fungiert der Vokalist als aktives Bindeglied zum Publikum, welches mehrfach aktiv wie in „Paules Beichtgang“ selbst zum Teil der Show und damit auch der DVD-Produktion wird – ein klares Plus. Wenig überraschend funktionieren VERSENGOLD nahe ihrer Heimat am besten und daraus schlagen die Folk-Veteranen größtmögliches Kapital, indem sie auch mutige Entscheidungen treffen. Das schunkellastige „Ich und ein Fass voller Wein“ ist nicht der Klimax des gesamten Konzerts, sondern bekommt seinen wenig exponierten Platz im regulären Set. Die Liederauswahl davor und danach zeigt eindrucksvoll, dass Malte, Flo und Co. keineswegs auf ihre Dauerbrenner angewiesen sind. Einzig „Frühlingslied“ und „Schon immer mal“ sind ähnlich wie auf „Funkenflug“ vielleicht substanziell etwas wenig. Die Publikumsreaktionen beweisen jedoch, dass es VERSENGOLD selbst mit ihren neuen Folk-Pop-Anwandlungen ihre Zuhörer erreichen.

Auf Gäste oder besondere Einlagen verzichtet die Band fast völlig: Lediglich zu „Schönheit der Schatten“ gesellt sich Faun-Vokalistin Katja Moslehner für ein Live-Duett zu Sänger Malte. Ein klares Plus im Vergleich zur Studioversion, dennoch erreicht die Ballade nicht den Level eines „Vom Zauber des Wildfräuleins“. In „Sol’s Reel“ und „Luna’s Reel“ glänzt besonders Flo an seiner Geige, bei „Drey Weyber“ fungiert Pinto noch als eine Art Vortänzer für die Fans. „Live in Hamburg“ bestätigt – genau wie viele Konzerte der damaligen Zeit – den Eindruck, dass der jetzige Sechser als Siebener funktionieren hätte können. Pintos musikalische Beiträge fallen im aktuellen Gewand allerdings sicherlich nicht mehr so prägend wie in den Anfangsjahren aus. Dafür sind seine Instrumente in der neuen Ausrichtung zu sehr schmuckes Beiwerk und wenig zentral in den Arrangements. Im Live-Umfeld prägte er aber allein durch seine Persönlichkeit die VERSENGOLD-Shows bis zu seinem Ausstieg maßgeblich.

Die DVD lässt genau wie die letzten und aktuellen Studioproduktionen keinen Zweifel daran aufkommen, dass der Sound von VERSENGOLD moderner geworden ist – ohne dabei Qualität zu verlieren. Gerade Sänger Malte gelingt es durch seine Texte immer wieder, auch banale Themen mit Anspruch unter’s Volk zu bringen und als Kollektiv stehen die Marktveteranen immer noch für handgemachte Musik. Ob live oder im Studio, gefühlt tragen alle Mitglieder ihren Teil dazu bei, dass der bandtypische Klang auch mit Bass und Schlagzeug weiterhin zum Tragen kommt. „Live in Hamburg“ ist ein weiterer konsequenter Schritt in der Bandbiografie, der eindrucksvoll untermauert, aus welchem Holz die Bremer geschnitzt sind – und wie sie musikalisch hoffentlich für immer VERSENGOLD bleiben werden. Zum überaus sympathischen Eindruck der munteren Spielmannstruppe passen auch die Interviews und Podcasts als knapp halbstündige Extras, die unter anderem zeigen, dass selbst ein Feueralarm in der Konzertstätte kein unüberwindbares Hindernis für die Musiker darstellt.

Wertung: 8.5 / 10

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