Wenn in der deutschen Black-Metal-Szene irgendwo skandinavische Band-Familien-Verhältnisse zu finden sind, dann in der Aachener Region im Dunstkreis der aufgelösten Underground-Legende Nagelfar. Mit The Ruins Of Beverast, Graupel und Verdunkeln entsprangen dieser gleich eine ganze Schar mittlerweile selbst im Underground fest verankerter Bands, welche durch diverse Besetzungsüberschneidungen untereinander verwandt und mit anderen Bands wie Endstille, Truppensturm oder Graven verbunden sind.
Mit VERDUNKELN veröffentlicht nun das Projekt von Gnarl (Graupel), unterstützt von seinem langjährigen ehemaligen Graupel-Kollegen Ratatyke am Schlagzeug, sein zweites Album. „Erst?“ denkt man sich – gehören VERDUNKELN doch längst fest zur deutschen Black-Metal-Landschaft… und doch ist „Weder Licht noch Schatten“ tatsächlich der direkte Nachfolger des 2007er Debüt-Albums „Einblick in den Qualenfall“.
Direkter Nachfolger trifft den Nagel nicht nur chronologisch, sondern auch stilistisch auf den Kopf – erkennt man die Band, die für dieses Album verantwortlich ist, doch bereits an den extrem charakteristischen, majestätisch-verhallten Gitarren nach nur wenigen Tönen. Dass „Weder Licht noch Schatten“ hinsichtlich des Sounds nach „Einblick in den Qualenfall“ klingt, ist dabei jedoch mitnichten richtig – treffender wäre wohl die Aussage, das Album klänge so, wie das Debüt hätte klingen sollen. Denn unter Beibehaltung sämtlicher Atmosphäre generierenden Attribute wie Gitarrensound, erdig-natürlichem Gesamtklang und düsterer Stimmung klingt das zweite Album deutlich weniger kratzig, die Höhen klirren nicht so heraus und füllen das Klangbild so nicht unangenehm auf. Stattdessen ist die Produktion sehr transparent gehalten, auf Klarheit bedacht und darauf, dass jedem Instrument der Raum offensteht, den es zur optimalen Entfaltung benötigt.
Über den musikalischen Aspekt braucht man hier eigentlich kaum Worte zu verlieren – mit „…übertrifft die Erwartungen“ sollte eigentlich alles gesagt sein. Denn mit einem Debüt wie „Einblick in den Qualenfall“ in der Hinterhand hatte ich mir um den musikalischen Werdegang von VERDUNKELN nie Sorgen gemacht – dass Gnarl jedoch nochmal eine derart große Schippe Atmosphäre draufzupacken in der Lage wäre, hätte ich ehrlich gesagt nicht erwartet. Hier stimmt über die gesamte Spielzeitvon knapp 50 Minuten hinweg einfach alles, egal ob in den harschen Black-Metal-Passagen oder den eher melancholischen, klar besungenen Passagen mit den schönen Chorus-Hall-Cleangitarren…
„Weder Licht noch Schatten“ ist definitiv ein absolutes Highlight einer Band, die deutlich mehr Beachtung verdient hätte, als sie derzeit außerhalb des eingefleischten Undergrounds bekommt. Denn musikalisch wie auch hinsichtlich der Umsetzung in Ton und Layout bekommt man hier ein rundum stimmiges Gesamtpaket, wie man es sich nur wünschen kann. Pflichtkauf!
Wertung: 9 / 10