VERDUNKELN überraschten damals mit ihrem gleichnamigen Debüt „Verdunkeln“, welches sich durch hohe Qualität auszeichnete. Gut, überraschen ist vielleicht das falsche Wort, denn viele Leuten setzen eh die Gleichung Ván-Release = Kaufen an, da gut. Ich schliesse mich dabei kaum aus, bisher war das Label immer ein Garant für hochwertiges Material. Sperber-Illustrationen zeichnet sich für das Artwork zuständig und wer weiß, welche Person dahintersteckt, wird umso mehr frohlocken.
Melodisches, erwartungsvolles Riffing erfüllt anfangs den Raum, das Drumming schürt weitere Spannung, welche durch einen sehr guten Mönchsgesang vervollkommnet wird. Dann wird die Musik schneller, keifender und beseelter Gesang fügt sich hinzu. Diese beiden Parts wechseln nun ab und an, mal der stampfende, schleppende Teil, welcher den Hörer mitreißt und fasziniert, mal der ruhige, beschauliche Part, den man voller Interesse verfolgt und welcher zur Atmosphäre beiträgt. Übrigens erinnert der Gesang hier und da an Nagelfar, so finde ich wenigstens. Nach sechs Minuten wird das Stück („In die Irre“) schnell und instrumental, besonders das Riffing sticht durch die wunderbar melodische und filigrane Führung heraus. Das Gekeife wird hier zudem leicht schriller, Laute werden ausgestoßen, die an „Rain Upon the Impure“ von The Ruins of Beverast erinnern, an diese Klasse aber nicht anknüpfen (können). Freilich, das kann man dem Duo nicht zur Last legen. Im weiteren Verlauf fallen so einige Dinge auf, fangen wir mit dem Bass an. Jenes Instrument erhält viel Raum zur Entfaltung und nutzt diesen vorzüglich. Ich bin ehrlich gesagt sowieso ein Freund dieses Instrumentes und höre den Klang sehr gerne. Normalerweise wird der Bass gerne vernachlässigt aber hier zum Glück nicht. Zweitens muss erwähnt werden, dass VERDUNKELN zwar auf Black Metal-Pfaden wandeln, das Riffing und das Tempo wirken aber häufig doomig. So bei „Im Zwiespalt“, welches mit wahnsinnig genialen Melodien auftrumpft. Es ist von der Qualität, die man gar nicht allzu häufig vorfindet. Mit Bedacht wird hier erst ein Gefühl aufgebaut und dann durch die Gewalt der Melodie niedergerissen, als Hörer findet man hieran Gefallen; „Im Zwiespalt“ fasziniert, es berührt und nimmt ein.
Doch nicht nur hier werden unkonventionelle Wege gesucht und eingeschlagen. Man kann direkt das nachfolgende Stück heranziehen, „Der Quell“ heißt es. Die Stimmen streifen scheinbar leicht verwirrt durch die Szenerie, vielleicht vergleichbar mit der Vorstellung von zwei Menschen, die in riesigen, unbekannten und vor allem ungastlichen Stätten umherziehen ohne wirkliches Ziel. Dazu die passende Instrumentalisierung und man hat ein Lied erschaffen, welches den Hörer erst einmal ratlos und fragend zurücklässt. Man ist nicht völlig angetan, aber auch alles andere als abgeneigt, „Der Quell“ wird also weitere Male angehört und beginnt nach und nach zu fesseln. Um diese Besprechung zu kürzen – beschreiben kann man „Einblick in den Qualenfall“ sicher mit Myriaden weiterer Worte – was in Anbetracht der Tatsache, hier keinen Roman veröffentlichen zu wollen, nun noch einige Worte zu weiteren (persönlichen) Glanzpunkten dieses Werkes. „Der Herrscher“ muss einfach erwähnt werden, dieses Opus ist einfach unglaublich. Die eh schon fantastische Gitarrenarbeit wurde ein weiteres Mal gesteigert; Töne, die man nicht oft vernimmt, wurden in den Track eingewoben. Klar kann man das Wörtlein „atemberaubend“ nutzen, doch das wird dem Lied gar nicht so gerecht. Wasser plätschert auf kalten Asphalt, eisiger Wind weht durch leere Gassen, schon bald stößt ein traumhaft seltsames Riffing hinzu, bildet ganze Klangeswände. Langsam schreitet die Szenerie voran, hallender Gesang untermalt dies eindrucksvoll. Im weiteren Verlauf scheint es fast so, als würden die Aachener mehrere Kapitel musikalisch umsetzen wollen, so variabel und vielfältig zeigt sich „Der Herrscher“. Soweit im Ansatz, hier soll die Beschreibung enden, Gefühlsmusik mit einem grotesken und bannenden Flair eben. Gen Ende überraschen VERDUNKELN übrigens erneut. Choraler Klargesang hat die erste Hälfte des Stückes (etwas mehr als sechs Minuten) alleine im Griff. Danach stoßen die bekannten, mächtigen Riffs hinzu, die trotz aller Kraft und Imposanz den Ariengesang nicht erdrücken, sondern ihn gleichberechtigt stehen lassen und ihn zudem sehr gut ergänzen. Fasziniert und verarbeitend, realisierend verharrt man noch ein wenig, dann nimmt die Hand den Weg zum Repeat-Schalter.
„Einblick in den Qualenfall“ besitzt eine hypnotisierende, zugrunde richtende Ausstrahlung. Das Album ist eigenständig, eigentlich noch mehr als das, denn wenn man heute ein Album als eigenständig einstuft ist es meist nur frei von hörbaren Einflüssen oder besitzt ein gewisses Charakteristikum. Mit VERDUNKELN verhält es sich etwas anders: Die Musik ist wahrlich originell, sie ist an gar nichts angelehnt, denn wenn man das Album das erste Mal hört, so fehlen einem leicht die Worte, es sind nämlich kaum Möglichkeiten da, „Einblick in den Qualenfall“ mit bekannten Outputs zu vergleichen. Das Album ist große Klasse, es ist Kunst. Obwohl man dies schon beim ersten Hördurchgang unterbewusst zu erkennen scheint, braucht es weitere Male, damit man sich dieser Sache auch bewusst gewiss ist. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass viele Menschen hierzu den Zugang finden werden. Ist aber vielleicht auch besser so, muss ja auch nach wie vor die Sorte von Menschen geben, die auf den ausgelutschten Black Metal aus Good Ol’ Scandinavia stehen.
Wertung: 8.5 / 10