Venera Cover

Review Venera – Singularity

Manchmal stolpert man zufällig über einen Song, fängt an im Internet nach der Band und genaueren Informationen zu recherchieren und findet: absolut nichts. So geschehen bei den deutschen Post-Metal-Newcomern VENERA, die mit „Singularity“ ihr Debüt veröffentlicht haben, welches sowohl musikalisch als auch in Sachen praktischer Umsetzung mehr als beeindruckt.

Der Name VENERA kommt von einem sowjetischen Raumfahrtprogramm, in dessen Rahmen zwischen 1961 und 1983 mehrere Raumsonden zur Erforschung der Venus gestartet wurden. Die Namensgebung macht durchaus Sinn, da das inhaltliche Konzept, für das hauptsächlich Albert Bailo verantwortlich ist, eine Space-Odyssee ist – was „Singularity“ textlich, aber auch musikalisch in unmittelbare Nähe des legendären „Mariner“-Albums von Cult Of Luna rückt, welches die Schweden 2016 gemeinsam mit der Sängerin Julie Christmas veröffentlicht hatten.

VENERA sind dabei aber stilistisch vielfältiger: Wirkt der Opener „Asteroids“ trotz großartiger Atmosphäre noch ein klein bisschen generisch, sind die nachfolgenden Songs spürbar abwechslungsreicher. „I. P. M. O.“ hat dabei, nicht zuletzt durch die Performance von Gastsängerin Christina Maier, erstaunlichen Ohrwurmcharakter und mit dem überraschend tanzbaren und merklich elektronischeren (späte Crown lassen grüßen) „Nebula“ ist der Band sogar ein kleiner Hit gelungen. Ebenfalls mächtig: Das Finale von „Nova“, welches in mehrere Drops mündet, in denen der Song immer schleppender, wuchtiger und tiefer daherkommt.

Bemerkenswert sind auch die Produktionsumstände: VENERA haben „Singularity“ komplett in Eigenregie geschrieben, aufgenommen, gemischt und gemastert – moderne Technik und ein bisschen Glück machen es möglich. Glück deshalb, weil Julius Englisch berufsbedingt Zugriff auf einen Haufen analoger Synthesizer hatte. Und die sind fraglos einer der Stützpfeiler im atmosphärischem Post-Metal-Sound des Duos, welcher dadurch auch nicht selten an Final Light, ein Projekt von Cult Of Lunas Johannes Persson und James Kent von Perturbator erinnert. Das Schlagzeug hat der Multiinstrumentalist selbst im Keller des elterlichen Hauses eingespielt und aufgenommen, alle anderen Instrumente ebenfalls ohne Unterstützung eines professionellen Tonstudios oder entsprechendem Personal.

Und dafür klingt das Endprodukt ziemlich gut. Die Gitarrenwände sind genretypisch fett, in Sachen Growls kann Englisch mit Szenegrößen wie Johannes Persson problemlos mithalten. Bei den wenigen cleanen Gesangspassagen, die in Sachen Intonation durchaus an Loic Rossetti von The Ocean erinnern, ist aber noch ein bisschen Luft nach oben. Maier, die auf mehreren Songs zu hören ist, sorgt dabei oftmals für das i-Tüpfelchen, wodurch sich „Singularity“ erfolgreich von anderen Post-Metal-Produktionen abhebt.

Spieltechnisch geben sich VENERA dabei keine Blöße, alles Instrumente sind absolut on point. In Sachen Mischung und Mastering wäre noch ein bisschen Luft nach oben gewesen, wirkt das Klangbild in manchen Passagen (gerade im letzten Song, dem zweiten Teil des Titeltracks „Singularity“) ein wenig überladen und angestrengt. Ein professionelles Mastering, beispielsweise durch die szenebekannte Tontechnik-Koryphäe Magnus Lindberg, hätte sicherlich für die fehlenden paar Prozent Druck und Transparenz gesorgt. Trotzdem ist die tontechnische Leistung von Julius Englisch für ein reines DIY-Projekt überzeugend.

Quasi aus dem Nichts kommend, überzeugt VENERAs Debüt-Album „Singularity“, welches bei 72 Minuten Laufzeit nicht eine Sekunde langweilt, aus dem Stand. Eine physische Veröffentlichung oder Live-Umsetzung ist nach aktuellem Stand leider nicht geplant. Trotzdem sollten Fans der genannten Bands auf den gängigen Streaming-Portalen unbedingt reinhören.

Wertung: 8 / 10

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