Die Revolution hat begonnen! Einen ähnlichen Eindruck kann man auch beim Soundtrack zum dritten Teil der Verfilmungen zur Romantrilogie „Die Tribute von Panem“ erlangen. „Mockingjay Part 1“ besticht vorrangig durch eine Auswahl angesagter Newcomer und wenigen etablierten Künstlern. Das ist prinzipiell kein K.O.-Kriterium, aber verändert den Charakter der Musik erheblich. Wie steht es also um die Qualität dieser Veröffentlichung?
Künstler wie Ariana Grande, Lorde, Charli XCX oder XOV auf einem Soundtrack zu vereinigen mag verkaufstechnisch, vor allem für eine jüngere Käuferschicht, ein geschickter Schachzug sein. Was aber auffällt ist eine Ausrichtung, die zu Beginn mehr auf das Tanzbein als auf die emotionale Vielschichtigkeit einer komplexen Geschichte abzielt. Der Opener „Meltdown“ mit seiner Mischung aus Popmusik, französischem Dance und amerikanischem Rap wirkt sogar etwas verstörend und die einzelnen Teile wollen nicht wirklich miteinander harmonieren. „Kingdom“ von Charli XCX und Simon Le Bon verkommt zu einem Kitschkarneval der seines Gleichen vergeblich sucht. Ab diesem Punkt geht es aber bergauf. Raurys „Lost Souls“ erzeugt mit karger Instrumentierung, überzeugendem Gesang und gesprochenen Passagen eine tolle Atmosphäre. Der große Lichtblick ist das äußerst entspannte und unaufgeregte „Yellow Flicker Beat“ von Lorde, das die richtigen Elemente für einen Ohrwurm und Hit mitbringt. Glücklicherweise ist die Dame gleich mit drei Songs („Flicker (Kanye West Rework)“, „Ladder Song“) auf diesem Release vertreten, denn sie wertet es deutlich auf. Tinashe liefert mit „The Leap“ eine R’n’B-Ballade, die gleichzeitig aber auch den größten Langweiler darstellt. Hier passiert überhaupt nichts, dass man als individuell oder spannend bezeichnen kann. Hervorgehoben seien noch Natasha Khan alias Bat For Lashes, die sich mit „Plan The Escape“ einem Son-Lux-Song angenommen hat und damit auch die Annäherung an das Filmmaterial voranbringt. Mit dem Ex-Bondgirl Grace Jones zeigt sich noch ein echter Weltstar, deren Song „Original Beast“ in einer Mischung aus Reggae und Afrobeat mindestens so extravagant ist wie die Dame selbst und aus diesem Grund gar nicht ins Bild passen möchte.
An Qualität mangelt es diesem Release eindeutig nicht, jedoch gibt es deutliche Abstriche für die Zusammensetzung einer Tracklist, der es an Homogenität und den großen Momenten des Vorgängers fehlt. Gleichzeitig entfernt man sich inhaltlich doch deutlich von der Filminspiration. Das ist insofern schade, da „The Hunger Games: Mockingjay Part 1“ in diesem Punkt einiges mehr hergeben würde. Sängerin Lorde sammelt für diese Veröffentlichung einige Pluspunkte ein, die ansonsten über einen mittelmäßigen Soundtrack mit wenig Gespür für die richtige musikalische Untermalung nicht hinausgekommen wäre.
Wertung: 6 / 10