Review Urfaust – Teufelsgeist

  • Label: Ván
  • Veröffentlicht: 2020
  • Spielart: Doom Metal

„Signature-Alkoholika“ sind längst zum gängigen Band-Merch geworden, Gin ist die Trend-Spirituose unserer Zeit, und URFAUST und Alkohol sind auch nicht eben wie Feuer und Wasser. Insofern ist es eigentlich nur konsequent, dass die Niederländer nun ein Album herausbringen, das nicht nur den Prozess der Intoxikation des Körpers durch Alkohol vertont, sondern diese auch gleich ermöglicht: In der entsprechenden Edition wird „Teufelsgeist“ mit einer Flasche URFAUST-Gin (konzipiert von Schlagzeuger VRDRBR und Hoos London Gin) ausgeliefert.

Ist das jetzt stilecht oder stillos, tiefgründig oder platt, true oder Trend? Am Ende ist es aber vor allem: egal. Denn auch ganz nüchtern betrachtet ist „Teufelsgeist“ einmal mehr ein gelungenes Album; das Betäubungsmittel ist also (zum Glück) nur optional und nicht für den Musikgenuss vonnöten.

„Offerschaal Der Astrologische Mengvormen“ als erster von fünf Tracks beginnt überraschend verspielt: Vor lauter überschwänglichem Synthie-Gedüdel könnte man fast Summoning hinter der Nummer vermuten – wären da nicht ab der zweiten Hälfte des Zehnminüters der unverkennbare URFAUST-Gesang. Diesen Stil behalten URFAUST jedoch nicht lange bei – schließlich ist Euphorie bekanntermaßen nur der Anfang vom Rausch-Erlebnis. Der folgende, in schleppendem Midtempo gehaltene Song „Bloedsacrament Voor De Geestenzieners“ wirkt wie der typische Kneipenabendheimweg – beschwerlich und deutlich länger, als er eigentlich ist – während der gelallte Gesang durch die Straßen und zurück in den wattierten Kopf hallt.

Es folgt eine kurze Entrückung: Sphärische Klänge, rein instrumental gehalten, versprechen fast erholsame Entrückung – „Van Alcoholische Verbittering Naar Religieuze Cult“ ist quasi der musikgewordene Power-Nap im Nacht-Bus. Umso grauenhafter ist, was bekanntermaßen folgt: Schädelweh, Schwindel, Übelkeit – im düsteren „De Filosofie Van Een Gedesillusioneerde“ lässt sich alles finden, was eine durchzechten Nacht an Ungemach mit sich bringt. Das verschwommene Riff fährt Karussell, angetrieben vom pulsierenden Bass und alptraumhaften Gesangsfetzen. Der darauffolgende Schlaf mag nicht erholsam sein – zumindest aber ist er tief – so tief und zugleich wenig erholsam wie das Drone-Doom-geprägte „Het Godverlaten Leprosarium“.

Vielleicht mag der eine oder andere Song anders gemeint sein – die Idee, die zunehmende Wirkung einer Alkoholisierung zu vertonen, setzen URFAUST mit „Teufelsgeist“ jedenfalls glaubwürdig und nachvollziehbar um. In Anbetracht der (einmal mehr) großartigen Musik sei ihnen auch das Gin-Gadget verziehen: Als Teil eines Konzeptalbums hat dieser immerhin mehr Funktion als der Großteil aller Special-Edition-Beigaben oder eben gewöhnliche „Signature-Alkoholika“ als reiner Merchandise-Nepp.

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Wertung: 9 / 10

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