Review Unreqvited – Empathica

Fast wähnt man sich inmitten eines Déjà-vus: Hat UNREQVITED nicht erst vor wenigen Monaten ein Album veröffentlicht? Und ist davor nicht schon einmal eine Platte des Post-Black-Metal-Soloprojekts über Northern Silence Productions erschienen? Beides ist korrekt und sogar miteinander verknüpft. Dass der Musiker hinter der Ein-Mann-Band – ein Kanadier mit dem Pseudonym 鬼 – wie ein Schmetterling von Label zu Label fliegt und zwei Jahre nach „Mosaic I: L’Amour Et L‘Ardeur“ (2018) erneut bei dem deutschen Underground-Label gelandet ist, liegt nämlich schlicht daran, dass UNREQVITED in einem derart aberwitzigen Tempo neue Musik kreiert, dass eine einzelne Plattform davon schnell übersättigt werden würde. Doch auch in stilistischer Hinsicht ergibt es durchaus Sinn, dass „Empathica“ über dasselbe Label erscheint wie das dritte Album des Senkrechtstarters.

Nach dem finsteren, experimentellen und dynamischen „Mosaic II: La Déteste Et La Détresse“ (2020) orientiert sich UNREQVITED auf „Empathica“ zwar wieder vermehrt an dem bombastisch-symphonischen Sound von „Stars Wept To The Sea“ (2018), flößt diesem allerdings eine beträchtliche Portion des träumerischen Post-Rocks von „Mosaic I“ ein. Eingeleitet wird das eine gute Dreiviertelstunde lange Album in „Heart Of The Spectral Mountains“, dem ersten Teil der Titeltrack-Trilogie, unter Einsatz von eindrucksvoller Keyboard-Orchestrierung, die mit ihren Streichern, Bläsern, Trommeln, Chören und Pianonoten problemlos als Soundtrack für einen Film über die auf dem Artwork abgebildete Gebirgskette herhalten könnte.

Schon im darauffolgenden „Everwinter“ setzen die vertrauten, schwebenden Clean-Gitarren ein und schließlich greift UNREQVITED auch wieder zu rauen Distortion-Gitarren und Blast-Beats, zwischen denen sich manchmal heisere, wortlose Screams hindurchkämpfen. Obwohl „Empathica“ im Wesentlichen von den gefühlvollen Leadmelodien und teils tragischen und opulenten, teils etwas zu schwülstigen Keyboards, die seit jeher den charakteristischen Stil des Projekts auszeichnen, getragen wird, begeistert die LP vor allem in den Momenten, in denen 鬼 sich an neue Klangformen heranwagt.

Dass der Einzelkünstler erstmals sanften, klaren Gesang einsetzt, passt hervorragend zu dem flächigen Naturell der Songs, mögen die Clean-Vocals auch einen recht unscheinbaren Eindruck machen. Richtig interessant wird es aber im eher kurzen Zwischenspiel „Snowspirits Of The Arcane“, in dem das unverzerrte Gitarrenspiel zu Beginn noch beunruhigend erscheint, in Kombination mit einer unbeschwert pfeifenden Stimme jedoch alsbald in luftige Höhen aufsteigt. Unglaublich schön sind überdies der sanftmütige Ausklang des anfänglich noch furios tobenden „Crystal Cascade“ und der behütende Closing-Track „Dreamer‘s Hideaway“, in dem UNREQVITED hauptsächlich zartes Piano und an ein Xylophon erinnernde Keyboards einsetzt.

Seine größte Schwäche – die Produktion – hat UNREQVITED hier zwar immer noch nicht überwunden, aber in seiner schieren emotionalen Aufrichtigkeit geht „Empathica“ mindestens genauso nahe wie die letzten beiden Platten des Kanadiers. Dass die Stücke, wie man es von 鬼 mittlerweile gewohnt ist, ein bisschen zu kantig und zugleich platt klingen, lässt sich dank der kreativen Kompositionen und der mitreißenden Dichotomie von bodenloser Verzweiflung und hoffnungsvollem Sehnen, die den Songs innewohnt, ohne viel Nachsicht verschmerzen. Letztlich hat UNREQVITED es mit seinem fünften Album ein weiteres Mal auf beeindruckende Weise geschafft, den schwierigen Balanceakt zwischen der Erhaltung der eigenen musikalischen Essenz und dem Streben nach neuen Formen des Ausdrucks zu meistern.

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Wertung: 8 / 10

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