Unleashed - No Sign Of Life (Cover Artwork)

Review Unleashed – No Sign Of Life

  • Label: Napalm
  • Veröffentlicht: 2021
  • Spielart: Death Metal

Wie keine andere der großen schwedischen Death-Metal-Combos der alten Schule stehen UNLEASHED für Kontinuität und hohe Qualität. Entombed gelten zurzeit nur noch auf dem Papier als aktive Band – ganz zu schweigen von der frühen Abkehr vom klassischen Schwedentod, der Abspaltung von Entombed A.D. und dem viel zu frühen Tod von Sänger L-G Petrov. Dismember waren zwischenzeitlich aufgelöst und das aktuelle Studioalbum ist nun schon weit über zehn Jahre alt. Bei Grave schlussendlich ist seit langer Zeit nur noch ein Originalmitglied im Line-up, zuletzt wurden im Laufe der 2010er Jahre alle Posten bis auf den von Frontmann Ola Lindgren neu besetzt.

Bei UNLEASHED hingegen hat sich das Besetzungskarussell zuletzt vor mehr als einem Vierteljahrhundert gedreht, die Liste der ehemaligen Mitglieder des Quartetts ist nur halb so lang wie die der aktiven, und auch die Alben kommen im regelmäßigen Zwei- bis Dreijahrestakt und überzeugen mit starkem Material. Lediglich die beiden um die Jahrtausendwende erschienenen Platten „Warrior“ und „Hell’s Unleashed“, die zudem ausnahmsweise einen etwas größeren Veröffentlichungsabstand zueinander haben, kamen nicht so gut an.

Darüber hinaus haben sich die vier Stockholmer um Sänger und Bassist Johnny Hedlund als Alleinstellungsmerkmal der „Big Four“ des Old School Swedish Death Metals der nordischen Mythologie verschrieben und zelebrieren ihren „Viking Death Metal“ schnörkellos, knallhart und ohne bierselige Hornschwenkerei oder Wikingerschiff-Attrappen auf der Bühne. Im Studio indes haben UNLEASHED dieses Jahr an ihrem neuen Longplayer „No Sign Of Life“ gearbeitet und jetzt via Napalm Records veröffentlicht. Was kann man nun erwarten von einer Band, die für Verlässlichkeit und Qualität bekannt ist?

Die Antwort ist so naheliegend wie die Erkenntnis, als was „No Sign Of Life“ nach ein paar Durchläufen einzuordnen ist: ein starkes Death-Metal-Album. Schon der erste Eindruck vermittelt Beständigkeit, reiht sich das Artwork doch ästhetisch in die der vorigen Werke ein, während die Band erneut elf Songs in rund 40 Minuten bietet – und die Erwartungen erfüllt: Der Opener „The King Lost His Crown“ ist ein typischer UNLEASHED-Nackenbrecher in der albumeröffnenden Position. Zwar startet er erstaunlich thrashig mit einem Riff, das so auch Slayer hätten geschrieben haben können (oder auch tatsächlich fast genau so geschrieben haben, wenn man sich deren 2006er Comeback-Single „Cult“ anhört), doch schon nach einer halben Minute setzen die altbekannten Blastbeats mit melodischen Leads ein.

Mit dem Uptempo-Knaller „The Shepherd Has Left The Flock“ inklusive titelgetreu alarmschreiendem Riff halten UNLEASHED das Momentum aufrecht, ehe sie mit „Where Can You Flee?“ auf die Bremse treten: Hier regiert nun tonnenschweres Midtempo mit geschmackvollem US-Death-Metal-Riffing à la Morbid Angel. Doch ehe die Schweden wieder auf die Tube drücken, bieten sie mit „You Are The Warrior!“ noch einen weiteren Track in getragenem Tempo und gar epischen Momenten. Bei einer stilistisch sehr gefestigten Band wie dieser muss man zuweilen genauer hinschauen, aber es sind solche Dinge, die an einer neuen UNLEASHED-Platte dann doch auffallen.

Davon abgesehen gibt sich der Vierer allerdings etwas kompakter als noch auf „The Hunt For White Christ“ (2018) oder „Dawn Of The Nine“ (2015). So hat er auf Akustik- oder Clean-Gitarren-Intros bzw. -Outros diesmal größtenteils verzichtet und auch der finale Track „Here At The End Of The World“ – laut Titelinformationen ein Langstück –, entpuppt sich als Dreiminüter mit angehängten Gitarrenfeedback-Geräuschen und Ambient-Noises. Dass UNLEASHED aber auch nicht länger brauchen, um zum Punkt zu kommen, zeigen sie etwa mit „Tyr Wields The Sword“, das trotz knapper Spielzeit mit einer abwechslungsreichen Mischung verschiedener Tempi aufwartet. Die vier Skandinavier hören auf, wenn alles gesagt ist, anstatt unnötig in die Länge zu ziehen. Ähnliches gilt für die Gitarrensoli: Diese klingen virtuoser denn je, bleiben aber zweckdienlich und vermeiden Protz.

Nun könnte man UNLEASHED vorwerfen, dass der ganz große Wurf, ein Hit vom Format eines „Death Metal Victory“ oder „Hammer Battalion“ (um mal nicht die ganz alten Schinken zu bemühen), auf „No Sign Of Life“ fehlt. Allerdings braucht die Band den gar nicht, um trotzdem ein unterhaltsames Album abzuliefern: UNLEASHED legen in ihrem Songwriting nämlich viel Wert auf Eingängigkeit und Wiedererkennungswert – und das klappt nach nunmehr 14 Alben einfach so gut, dass auch diese Platte durchweg Spaß macht. Zudem hat sich Gitarrist Fredrik Folkare, ebenso ausgebildeter Produzent, der für die Studiowerke seit 19 Jahren auch am Mischpult sitzt (Stichwort: Kontinuität), noch einmal gesteigert und „No Sign Of Life“ einen so knackigen, glasklaren und organischen Studiosound ohne sterilen Bombast verpasst, dass UNLEASHED im Jahr 2021 schlicht großartig klingen.

Es gibt Death-Metal-Fans, die Verlässlichkeit zu schätzen wissen und Experimenten eher abgeneigt sind. All jenen bieten UNLEASHED mit „No Sign Of Life“ 40 Minuten erstklassige Unterhaltung. Die vier Schweden gehen den Weg der letzten Alben auch ohne In- und Outros konsequent weiter, preisen Odin, entsagen Jehova und erzählen die fortlaufende Storyline der Midgard-Krieger und des White Christ auf der mittlerweile fünften Platte in Folge. Entsprechend ist „No Sign Of Life“ ein sicherer Posten für sowohl alteingesessene Anhänger*innen der Band wie auch für in den letzten Jahren neu hinzugekommene Fans.

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Wertung: 8.5 / 10

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