Unleash The Archers Phantoma Coverartwork

Review Unleash The Archers – Phantoma

Vom Geheimtipp zur festen Genregröße – UNLEASH THE ARCHERS haben sich in den vergangenen Jahren einen guten Namen gemacht und sich einen stabilen Stand im Power Metal erarbeitet. Das liegt nicht nur an ihrer überbordenden Spielfreude und technischen Beschlagenheit: Die stets hörbare, ansteckende Leidenschaft für die Musik und die breitgefächerten Einflüsse ohne selbstauferlegte Grenzen sorgen für eine erfrischende Einzigartigkeit. Durch ihre offene Kommunikation und diverse Möglichkeiten, mit der Band in Kontakt zu treten – unter anderem auf Twitch mit ihrer „Dungeons-And-Dragons“-Spielreihe – sind sie zudem eine der nahbarsten und sympathischsten Bands der Szene. Auf ihrem inzwischen sechsten Album „Phantoma“ haben UNLEASH THE ARCHERS nun mehr denn je zu sich selbst gefunden.

Ungewöhnlich getragen beginnt die Scheibe mit „Human Era“. Bereits hier ist der für das Genre untypische Mix spürbar, wenn UNLEASH THE ARCHERS schleppende Riffs mit 80er-Atmosphäre mit einer fesselnden Melodie kombinieren. Erst im Laufe des Songs kommen die bekannten, technisch versierten Gitarrenläufe dazu und der Opener entwickelt sich zu einer überraschenden Hymne. Der zweite Song „Ph4/NT0mA“ verbreitet dagegen von Anfang an ein überwältigendes Hochgefühl – schnelle Gitarren, großartige Melodien, emotionale Power, einfach alles, was man sich bei melodischem Power Metal wünscht. Brittney Slayes zeigt von ihrem langgezogenen Trademark-Schrei über den unfassbar eingängigen Refrain bis zu untypisch hohen Tönen, dass sie eine der besten und vielseitigsten Sängerinnen der Szene ist. Der Track kann live nur eine Granate werden! „Ph4/NT0mA“ ist in seiner Schreibweise übrigens die Modellnummer der titelgebenden KI, die in einer entfernten Zukunft ihr eigenes Selbst finden will. Was es mit der Bezeichnung, der Story und weiteren Hintergründen zum KI-Thema auf sich hat, erzählt Brittney Slayes in unserem Interview zum Album.

„Phantoma“ erweist sich im weiteren Verlauf als enorm abwechslungsreiches Album: Während „The Collective“ vor Rhythmuswechseln übersprudelt, erfreut das flotte „Green & Glass“ mit fröhlicher Stimmung und „Give It Up Or Give It All“ entpuppt sich als poppige Power-Ballade, die ihre Wurzeln tief in den 80ern vergraben hat. Pop, Synthwave, Classic und Prog Rock – UNLEASH THE ARCHERS zeigen ihre Einflüsse deutlich. Perfekt gelungen ist dabei, dass nicht einfach nur Elemente eingebaut werden, sondern dass jedes dieser Elemente Sinn ergibt und songdienlich ist und dass trotz dieser vielen Einflüsse „Phantoma“ ein durch und durch stimmiges Album geworden ist. Zur Vielseitigkeit kommen noch ganz viel Kitsch und cheesy Momente dazu – aber das ist eben Power Metal, das gehört dazu und das passt einfach!

Beim abschließenden „Blood Empress“ fällt durch die wieder schleppende Grundstruktur, das rockige Hauptriff und die später einsetzende Uptempo-Passage auf, dass bei „Phantoma“ insgesamt wesentlich weniger aufs Gaspedal gedrückt wird als beim direkten Vorgänger „Abyss“. UNLEASH THE ARCHERS brauchen keine Geschwindigkeitsrekorde und dauernde Flitzefingerriffs, um ihr spielerisches und schreiberisches Können zu beweisen – das haben sie in der Vergangenheit schon zur Genüge getan. Auch die Refrains brennen sich diesmal nicht direkt bei den ersten paar Durchgängen ein; trotz der Eingängigkeit vieler Tracks sind die Strukturen etwas komplexer geraten.

Bei „Phantoma“ scheinen UNLEASH THE ARCHERS mehr zu sich selbst gefunden zu haben und müssen niemandem mehr etwas beweisen. Ist „Phantoma“ das beste Album der Kanadier? Das ist kaum zu beantworten, da die Platte so abwechslungsreich und anders daherkommt als „Apex“ und „Abyss“. Aber ob besser oder nicht, das ist im Endeffekt egal: Alle drei Scheiben sind fantastisch, unverkennbar UNLEASH THE ARCHERS und dazu noch so unterschiedlich, dass diese Frage keine Antwort benötigt. „Phantoma“ ist sehr gut und dürfte für viele Jahre ein Dauerbrenner auf dem Power-Metal-Plattenteller sein.

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Wertung: 9 / 10

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