Review Ungfell – Tôtbringære (Re-Release)

  • Label: Eisenwald
  • Veröffentlicht: 2019
  • Spielart: Black Metal

Mit „Mythen, Mären, Pestilenz“ haben UNGFELL wie aus dem Nichts eines der größten musikalischen Highlights des Jahres 2018 über das Label Eisenwald herausgebracht. Auf geradezu überschwängliche Weise verwob das Duo darauf zur Vertonung einer üppigen Auswahl an Schweizer Sagen dramatischen, melodiereichen Black Metal mit urigem, mitunter beinahe schon festlichem Folk. Dass Bandleader Menetekel und Schlagzeuger Vâlant mit ihrer zweiten Platte derart überraschend von sich reden machen konnten, lässt sich womöglich damit erklären, dass das erst im Jahr davor erschienene Debüt „Tôtbringære“ von UNGFELL im Alleingang digital veröffentlicht worden war. Es ist somit durchaus sinnvoll, dass Eisenwald dem Album nunmehr einen Re-Release auf physischen Tonträgern verpasst, um es rückwirkend ein wenig mehr in den Fokus zu rücken.

Ein kurzes Hineinhören genügt für die Feststellung, dass UNGFELL ihren charakteristischen Stil bereits 2017 gefunden hatten. Nach dem von scharrenden Streichern, Akustikgitarren und mysteriösen Flöten getragenen Intro „Viures Brunst“, das mit den in den Hintergrund gemischten Schreien bereits einen Vorboten des in den Folgetracks herannahenden Unheils vorausschickt, legen die Schweizer auf „Die bleiche Göttin“ richtig los. Schwungvolles, melodiöses und in gewisser Weise fast schon theatralisches Tremolo-Riffing, ungestümes Schlagzeugspiel und mit heiserer, hoher Stimme gekreischte Screams bestimmen von da an auch in weiterer Folge des Albums das Geschehen.

Zwar schlagen UNGFELL zwischendurch immer wieder auch mittelalterliche, balladeske Töne an, die etwa im wehmütig gesungenen Schlussteil von „Trommler Tod“ wie ein Jahrhunderte altes Klagelied klingen, doch der Fokus liegt – gefühlt ein wenig mehr noch als auf „Mythen, Mären, Pestilenz“ – auf schwarzmetallischer Wildheit. Ebendiese wissen UNGFELL jedoch derart gekonnt in die richtigen Bahnen zu lenken, dass sich die Tracks strukturell nie zu sehr ähneln oder wiederholen. Kompositorischen Kunstgriffen wie den seltsam nostalgischen, bedrückenden Clean-Gitarren auf „Die bleiche Göttin“ oder dem abgefahrenen, absichtlich schief gespielten Solo auf „Trommler Tod“ ist es zu verdanken, dass „Tôtbringære“ sich über weite Strecken schnell einprägt und durchwegs spannend bleibt.

Während Menetekel als Black-Metal-Songwriter somit offensichtlich schon 2017 bemerkenswert talentiert war, merkt man UNGFELL bezüglich Performance und Aufnahmequalität auf dem Debüt noch eine gewisse Unerfahrenheit an. Alles klingt noch ein bisschen ungeschliffen, was insbesondere aufgrund des für den Re-Release neu hinzugefügten Tracks „Das Hexenmal“ auffällt: Hier klingen sowohl die Vocals als auch die Produktion als Ganzes um einiges kraftvoller und die verspielten Akustikelemente sind enger mit den harschen Black-Metal-Exzessen verknüpft als in den übrigen Songs.

UNGFELL mag es auf ihrem ersten Album noch ein wenig an technischer Gründlichkeit gemangelt haben, doch in seiner Substanz ist „Tôtbringære“ ohne jeden Zweifel eine hörenswerte Platte. Zu großen Teilen ist dies gewiss darauf zurückzuführen, dass die Schweizer ihre morbiden Geschichten nicht einfach nur mit Worten, sondern direkt durch ihre dynamischen Arrangements erzählen, wozu auch die immer wieder gezielt darin platzierten, stimmigen Details wie etwa die grotesk verfremdeten Säuglingsschreie auf dem Track „Wechselbalg“ beitragen. Dass man UNGFELL im Auge behalten sollte, war nach ihrem zweiten Album sonnenklar – nach dem Re-Release ihres Debüts steht nunmehr auch fest, dass die Band bereits davor eine Menge zu bieten hatte.

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Wertung: 7.5 / 10

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