Und sonst so … August & September 2018

Metal ist eines der der lebendigsten Genres, die es gibt. In der Folge ist es bei der mittlerweile enormen Zahl an Veröffentlichungen schier unmöglich geworden, sämtliche Alben in ausführlichen Reviews vorzustellen. In unserer Rubrik „Und sonst so …“ kommen deswegen in Form von Kurz-Kritiken ein paar der Alben zur Sprache, die trotz Zeitmangel und Überangebot nicht unter den Teppich fallen sollten.


Soreption - Monument of the End

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SOREPTION warten mit ein paar der fettesten Riffs des Jahres und einer kraftvollen Produktion auf. Und doch: Obwohl das Album wirklich keinen einzigen schwachen oder auch nur mittelmäßigen Track aufweist und die Riffs absurd groovy und mitreißend sind, wird die vollständige Entfaltung der Songs zum Teil dadurch verhindert, dass sie als Ganzes nie durchgehend dieses hohe Niveau durchhalten. Gerade in den Teilen mit Gesang fährt die Band oft auf weit weniger spannendes Kataklysm-Riffing zurück und entfesselt demgegenüber ihre Brillanz vor allem in den eher an Decapitated orientierten, instrumentalen Teilen dazwischen. Schade, aber auch so noch ein klar aus der Masse herausstechendes Werk

[Simon Bodesheim]


Dragonlord - Dominion

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So ein bisschen ist „Dominion“ das Album, das sicherlich viele sich dieses Jahr von Dimmu Borgir anstelle von „Eonian“ gewünscht hatten. Nicht, weil es wie eine Kopie klingt (eher wie irgendwas zwischen Dimmu Borgir, Carach Angren, Cradle of Filth und Anorexia Nervosa), sondern weil es genau diese härteren Black-Metal-Elemente verwendet, die auf “Eonian” fehlen. Auch DRAGONLORD, das Soloprojekt von Testament-Gitarrist Eric Peterson, übertreiben es hie und da mit Chören und cheesy Keyboards, aber ihre Musik besitzt jenen Drive, den Dimmu Borgir zuletzt in der „Puritanical-Eurphoric-Misanthropia“– und „Death-Cult-Armageddon“-Ära hatten.
Nebenbei bemerkt: Wie man sich so viel Mühe beim Albumcover geben kann, dann aber ein Musikvideo wie das zu „Northlanders“ abliefern kann, das aussieht wie ein 7.-Klasse-Kunstprojekt, ist schlicht unbegreiflich.

[Simon Bodesheim]


Slash Featuring Myles Kennedy And The Conspirators - Living The Dream

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SLASH eben. „Living The Dream“ unterscheidet sich stilistisch nicht sehr von seinen vorherigen Soloalben, im positiven und negativen Sinne: Man weiß, was man bekommt – nämlich Rockmusik auf hohem Niveau – aber ob es das in der heutigen, Standard-Rock-überfluteten Welt noch braucht, muss wohl jeder für sich selbst entscheiden. Herausragendstes Merkmal der Musik ist jedenfalls nach wie vor MYLES KENNEDYs brillanter, unverwechselbarer Gesang, der die Platte wesentlich spannender macht, als sie ansonsten wäre. Ein gutes, makellos produziertes Rock-Album also und auch wieder deutlich besser als der Vorgänger. Wer aber Innovation oder zumindest mal einen frischen, unverbrauchten Sound sucht, ist hier falsch.

[Simon Bodesheim]


Eminem - Kamikaze

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(Rap) Und dann kommt auf einmal aus dem Nichts EMINEM daher und veröffentlicht eines Morgens unangekündigt ein neues Album. Der unerträglich dumme Opener lässt zunächst befürchten, dass EMINEM auf der ganzen Platte arrogant, kindisch und selbstverliebt im Beleidigte-Leberwurst-Modus rumplärren wird, nur weil der Vorgänger “Revival” [zu Recht] so kritisiert wurde, obwohl er selbst ihn natürlich für ein geniales, total missverstandenes Album hält. Aber glücklicherweise fließt dieses Thema auf den restlichen Tracks nur noch stellenweise ein. EMINEM liefert ein paar durchaus starke Songs mit seinen auf “Revival” schmerzlich vermissten Rap-Skills ab. Die Beats sind viel besser, EMINEM verzichtet darüber hinaus auf nervige Collaborations mit geldbringenden Pop-Sängern wie Ed Sheeran, weshalb die Refrains größtenteils wesentlich erträglicher ausfallen. Die letzten 3 Songs können dann leider mit dem restlichen Album nicht mithalten und sorgen auch dafür, dass “Kamikaze” sich qualitativ eher in der unteren Hälfte seiner Diskographie ansiedelt. Nichtsdestotrotz ein unerwartet genießbares Comeback nach dem Karrieretiefpunkt “Revival”.

[Simon Bodesheim]


Blood Of Serpents - Sulphur Sovereign

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BLOOD OF SERPENTS spielen fiesen, extrem rasanten, schwedischen Black Metal irgendwo zwischen Necrophobic, Dark Funeral und Marduk – also im Grunde nichts Neues. Für eine Band, die sich noch keinen wirklichen Namen gemacht hat, ist “Sulphur Sovereign” aber definitiv eine sehr starke Leistung. Was die Platte vielleicht dann doch von den großen Vorbildern trennt, ist die Produktion. Insbesondere die Hi-Hat zischt in den Blastbeat-Parts alles dermaßen zu, dass man ab und zu den Faden verliert. Das gleicht dafür das starke Black-Metal-Geschrammel wieder aus.

[Simon Bodesheim]


Pig Destroyer - Head Cage

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Endlich mal wieder ein Grindcore-Album, bei dem nicht nur (aber natürlich auch) Vollgas rumgeballert wird, sondern viel mit Groove-Riffs gearbeitet wird. PIG DESTROYER präsentieren auf “Head Cage” einige sehr starke Tracks. Schade ist, dass auch hier gemäß der Konvention im Grindcore die Songs meistens nur ein bis zwei Minuten lang sind. In vielen Fällen wirken die Songs deshalb wie nicht ganz fertig geschrieben. Als würden ihnen jeweils noch zwei, drei Parts fehlen, um ihr volles Potential entfalten zu können. Dennoch gelingt PIG DESTROYER auch innerhalb dieser Genre-Regeln ein wirklich gutes Album, obwohl die Riffs es zu einem herausragenden Album hätten machen können. Eines steht jedoch fest: “Mt. Skull” (obwohl musikalisch einer der eher unspektakuläreren Songs auf dem Album) hat eines der besten Musikvideos des Jahres bekommen.

[Simon Bodesheim]


Wolfheart - Constellation Of The Black Light

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„Constellation Of The Black Light“ ist wieder um einiges besser als das letzte Album „Tyhjyys“, vielleicht sogar das beste WOLFHEART-Album bisher. Die Formation um Mastermind Tuomas Saukkonen geht hier deutlich aggressiver zu Werke als bei den Vorgängern und findet öfter zu epischen, emotionalen Momenten. Mit einem Zehnminüter und damit dem längsten Albumtrack zu starten, ist sicherlich eine mutige, hier aber wunderbar funktionierende Entscheidung, da „Everlasting Fall“ sehr leichtfüßig, mitreißend und eben nicht anstrengend ist. WOLFHEART beweisen sich damit erneut als einer der wenigen Lichtblicke im inzwischen wirklich überwiegend reizlosen Genre Melodic Death Metal.

[Simon Bodesheim]


Aurora - Infections Of A Different Kind (Step 1)

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(Art-Pop) Auch ihre zweite EP „Infections Of A Different Kind (Step 1)“ ist nicht so großartig, wie es eigentlich sein könnte. Dass sich die hochtalentierte Art-Pop-Künstlerin AURORA aus Norwegen auf ihren Alben teilweise den Anforderungen des Mainstream-Musikmarktes unterwirft (oder unterwerfen muss?), ist sehr schade. Denn diese generischen, tanzbaren Beats machen viel bei den wirklich kunstvollen Arrangements kaputt, was nicht sein müsste. Die ersten drei Songs sind daher eher enttäuschend und witzlos, danach wird das Album aber merklich besser. Im beat-befreiten, meisterlichen Stück “It Happened Quiet” und dem ebenfalls starken Titeltrack darf AURORA beweisen, was sie wirklich draufhat. So manches Instrumental- und Vokalarrangement in den späteren Songs erinnert an die Musik von Björk oder Enya. Man kann nur hoffen, dass sie irgendwann komplette künstlerische Freiheit bekommt, damit sie endlich mal zur Höchstform auflaufen kann. Fürs Radio taugt die Musik doch sowieso nicht.

[Simon Bodesheim]


Dödsrit - Spirit Crusher

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Nach dem selbstbetitelten Debüt ist “Spirit Crusher” nun das zweite Album des Post-Black-Metal/Crust-Soloprojektes des Multiinstrumentalisten Christoffer Öster aus Schweden, welches gerade wieder in Fan- und Fachkreisen gehyped wird. Beide Platten beinhalten nur vier Songs, “Spirit Crusher” ist dabei aber ganze 15 Minuten länger als das Debüt. Die Ausdehnung der Songlaufzeiten kommt dem Album zwar nicht unbedingt zugute, wirklich schaden tut sie aber auch nicht, außer beim finalen 15-Minüter, der schon wirklich arg langgezogen ist. Ansonsten brilliert Östers DÖDSRIT mit ebenjener Mischung aus brachial-melodischen Black-Metal-Riffs und doomigen Post-Rock-Passagen, die schon sein erstes Album so spannend machte. Strukturell hätte er aber etwas mehr variieren können, statt jeden Song mit Black-Metal-Geblaste zu beginnen und mit Post-Rock-/Doom-Riffs zu beenden. Dennoch stellt „Spirit Crusher“ alles in allem ein gelungenes zweites Album dar.

[Simon Bodesheim]


Publiziert am von Simon Bodesheim

2 Kommentare zu “Und sonst so … August & September 2018

  1. grindcore tracks die – genre typisch – 1-2 min. gehen als unfertig zu betiteln … ist ein wenig als ob man prog rock band xy, verschachtelte tracks als „zu komplex“ attestiert… kann man machen aber ist als ob man impressionismus als zu gepunktet empfindet.

    mag sein das es für DICH dann einen kompletten song ergibt wenn man unnötige intros/outros und weitere, für das genre, überflüssige parts einbaut … aber dann ist es halt ein fucking anderes genre…. jeh nachdem was du dir jetzt wünscht.

    1. Hallo arno nyhm,

      verstehe dein Problem gerade nicht ganz. Als Rezensent darf ich doch nicht nur meine Auffassungen über Alben und Bands, sondern auch über Genres und ihre Eigenheiten zum Ausdruck bringen. Im Übrigen haben Terrorizer, eine der klassischen Vertreter des US-Grindcores, soeben ein neues Album veröffentlicht, welches zeigt, dass es eben auch anders geht, sogar deutlich besser (Besprechung folgt bald). Ebenso gibt es viele Prog-Rock-Bands, die sich nicht an die Konvention von verschachtelten 10+ Minuten Songs halten und trotzdem als Prog zählen und dort Fantastisches abliefern. Wer sich für die strikte Einhaltung von Genre-Regeln entscheidet, egal ob diese im konkreten Kontext zwingend sinnvoll sind oder nicht, der darf das gerne tun. Aber umgekehrt darf das der Rezipient ja auch fallbezogen kritisieren und muss es nicht gutheißen, nur weil sich diese Standards etabliert haben.

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