Trinitas - Total Heresy

Review Trinitas – Total Heresy

  • Label: Ván
  • Veröffentlicht: 2022
  • Spielart: Black Metal

Es könnte auch die Besetzung eines Oldschool-Liebhaber-Stammtischs sein: Tormentor, seines Zeichens Drummer von Asphyx, Rotten Casket und zwischenzeitig auch Desaster und Sodom, Vargher, Gitarrist bei Naglfar und den Black-’n‘-Roll-Vorreitern Bewitched, und Azathoth, ehemals Sänger von Dark Fortress und nun bei Gràb, wo er nicht ganz zufällig das Pseudonym Grànt trägt. Die Gemeinsamkeiten sind groß, werden von dem Trio aber statt am Stammtisch lieber im Studio ausgelebt: Gemeinsam frönen sie als TRINITAS dem Black Metal der frühen 1990er-Jahre, und weil das mit der ersten EP von 2019 schon recht gut geklappt hat, legt das Trio nun noch ein Full-Length nach.

„Total Heresy“ heißt das Werk, und dass die Herren es mit dem Homage-Gedanken ernst meinen, macht schon das Cover klar: Dass es nicht in Schwarz-Weiß gehalten ist, ist auch schon das Einzige, was das Corpsepaint-Fackel-Kellergewölbe-Foto vom Ambiente ikonischer Fotos, wie etwa dem auf dem Cover von Mayhems „Live In Leipzig“, unterscheidet.

Auch musikalisch hat das, was Vargher hier innerhalb von nur drei Wochen zusammengezimmert hat, Hand und Fuß: Das Schrammelriffing mit angedeuteten, aber nie in den Vordergrund tretenden Melodien verströmt schwedische Kälte. Und mit einem gelegentlichen, leichten Anflug von Black ’n‘ Roll lässt Vargher durchblitzen, wo seine musikalischen Wurzeln liegen. Dazu trommelt Tormentor mit ordentlich Wumms und wenig Humor – während Azathoth seine Vocals so bösartig herauskeift, wie man es von ihm seit seinen frühen Dark-Fortress-Alben nicht mehr gehört hat. Abgerundet wird das Ganze durch eine absolut stimmige Produktion, die zwar authentisch nach Black Metal, zum Glück aber als einziges nicht klingt, als wäre sie ein Produkt der 1990er-Jahre.

Doch die 1990er-Jahre waren im Black Metal eben nicht nur eine musikalische Strömung, sondern „atmeten den Zeitgeist der Rebellion“, wie Azathoth im Interview selbst hervorhebt. Und der lässt sich eben weder mit Riffs noch mit Drumpatterns oder Versen reproduzieren – egal, wie nah diese stilistisch dem damaligen Songwriting kommen. Das geht Hand in Hand mit einem zweiten Problem: Viele Songs der 1990er-Jahre leben heute vor allem von der nachträglichen Mystifizierung. Nüchtern betrachtet sind die alten Black-Metal-Hymnen bekanntermaßen kaum mehr als monotoner Punk. Auch das ist ein Problem, wenn man sich im Jahr 2022 dem frühen Black Metal verschrieben hat: Ohne diese Ehrfurcht einfößende Patina aus Ruß und Blut ist es schwer, mit Songs dieser Machart große Gefühle zu wecken.

So ist „Total Heresy“ zwar ein rundum stimmiges Black-Metal-Album geworden, das respektvoll den 1990er-Jahren huldigt. Wie sinnvoll solche Rückwärtsgewandtheit (jenseits vom persönlichen Spaß am Spielen dieser Musik) ist, steht jedoch auf einem anderen Blatt – schließlich kann kein noch so gut gemachtes ’90s-Tribute-Projekt den Spirit dieser Zeit wirklich wieder aufleben lassen. Was bleibt, ist dann oft Musik, die klingt, als ob – aber eigentlich nicht ist, was sie gern wäre. Ob das im Sinne der Erfinder ist?

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Wertung: 7.5 / 10

Publiziert am von

13 Kommentare zu “Trinitas – Total Heresy

  1. Ja klar, Punk ist definitiv auch ein Einfluss des Black Metal (gewesen).

    Um den Kontext nicht zu verlieren und den Kreis auch mal zu schließen. Es ging ja um deine Aussage der Black Metal Hymnen die meist nicht mehr als monotoner Punk wären. Das haben wir ja aber nun geklärt. ;-)

    In diesem Sinne!
    Alles Gute erstmal und Hiking Metal Punks forever!

  2. Hab ich reingehört und gibt mir jetzt recht wenig. Ist schon nett und auch irgendwie gefällig, wenn man den alten Kram mag, aber es läuft halt mehr oder weniger an mir vorbei ohne groß Emotionen zu wecken.
    Ist halt ein Stil, wo ich persönlich mit den alten Sachen zufrieden bin und nichts mehr Neues brauche.

    1. Ich denke, das ist genau der Punkt, den ich mit dem Review herausarbeiten wollte – dass man diese Art von Musik heute zwar genausogut oder (technisch) auch besser als damals machen kann, das Genre als solches aber irgendwie abgeschlossen erscheint. Bei vielem, was da heute hinzukommt, greife ich persönlich lieber „zum Original“ – und freue mich im Black Metal eher über Bands, die die Sache weiterentwickeln. Dass das aber natürlich rein subjektiv ist, sollte klar sein.

      1. Ich kann altem Black Metal durchaus etwas abgewinnen. Also alt im Sinne von 1996-2003 Keyboard BM, der damals ja durchaus irgendwann mal verpönt war. Da steckt so viel Abwechslung und Atmosphäre drin, zum Beispiel Krig von Ishtar oder das (damals noch) Covenant-Debüt. Da kann ich mich auch heute noch über Neues in dem Stil freuen.
        Trinitas fehlen die Riffs und Melodien bzw. die Atmosphäre die mich packen und dazu fehlt mir noch ein spannendes Konzept dahinter.
        Aber ich vermute, ich gehöre damit eh nicht zur Zielgruppe.
        Ich respektiere aber Azathots Einstellung und stimme ihm, was das ganze „Szene“-Drumherum betrifft durchaus zu. Musikalisch erreicht mich das Album (leider) nicht.

  3. Lieber Moritz,

    wie kommst du zu der Aussage die Black Metal Hymnen der 90er seien zum Großteil monotoner Punk?
    Das ist doch kompletter Quatsch die Aussage!

    1. Ach, ich finde, da kann man schon mal drüber diskutieren, wenn man sich die unterkomplexität der Songstrukturen und die mitunter eher mäßig virtuos eingespielten Songs, dafür aber die Aggression/Energie der Songs anschaut – und den Fuck-off-Spirit der Protagonisten. Ist ja keineswegs despektierlich gemeint.

      1. Alles klar. Ich denke so versteh ich deine Aussage eher. Mich interessiert aber dennoch welche Songs du jetzt genau meinst. Darkrhrone und Burzum haben definitiv paar recht monotone Nummern aber beim Rest weiß ich nicht wo da Unterkomplexität und Ähnliches zu finden sein soll.

        1. Na, ich denke, mit den genannten hast du schon durchaus zwei gute Kandidaten herausgepickt, und je weiter du zurückblickst, desto mehr findest du, auf die diese Beschreibung zutrifft … Mayhem, Tormentor, Hellhammer oder Venom etwa, um mal nur drei weitere zu nennen. Wie gesagt: Hier geht es nicht um eine Wertung, sondern eine Beschreibung – auch primitive Songs können großartig sein. Nur funktionieren diese Songs (für mich) vornehmlich durch den zeitlichen Kontext, und Songs dieser Art nicht automatisch genauso gut, wenn sie heute herauskommen.

          1. Das sehe ich tatsächlich entschieden anders. Was aber kein Problem ist.
            Venom, Hellhammer und Co waren ja die ersten Gehversuche und noch der Protosound. Trinitas hier im Review orientieren sich ja vorallem an der 2ten Welle und die hatte ja schon wirklich großartige Musikalität zu bieten. Solche Songs schreibt man nicht mal einfach so und reiht 2-3 Riffs aneinander. Ich denke bei dem von dir abgemerkten Begriff Hmynen im Black Metal Kontext etwa an:
            Emperor – Inno a satana
            Bathory – Blood Fire Death
            Darkthrone – The pagan winter
            Burzum – Det som engang var
            Satyricon – Dominions of Satyricon
            Abigor – Universe of black divine
            Enthroned – Scared by darkwinds
            Immortal – a perfect vision of the rising northland
            Mayhem – Freezing Moon
            ….

            Das ist sicher kein monotoner Punk. ;-)
            Grüße

            1. Zugegeben, der Begriff „Hymne“ war hier vielleicht irreführend – aber Freezing Moon, um nur mal ein Beispiel herauszugreifen, ist durchaus ziemlich punkig, wenn man sich das Riffing (und die damaligen Einflüsse der Band) mal anschaut. Und auch A Perfect Vision… ist schlussendlich schon ein ziemlich monotones Riff-Aneinandergereihe, wobei die einzelnen Riffs extrem simpel gehalten sind und mitunter vom „punkigen“ Drei-Akkord-Riff nicht weit entfernt sind. Das soll wie gesagt gar nicht despektierlich wirken, aber große kompositorische Finesse ist bei vielen der genannten Songs nicht das entscheidende Kriterium, würde ich sagen. Anders bei Bands wie Emperor, klar.

              1. Hi Moritz,

                ich hab mir beide Songs nochmal angehört. Von monotonem Punk ist das wirklich meilenweit weg. Schon allein durch die Schlagzeugarbeit die einige Akzente setzt und immer mal wieder das Tempo wechselt.
                Auch gitarrentechnisch ist es nicht allzu monoton auch wenn es definitiv technischeres Zeug gibt.
                Mayhem würde ich tatsächlich noch mehr nen Death Metal Touch attestieren. Schon allein durch den Gitarren- und Basssound.

                1. Was den Death Metal angeht: Das eine schließ das andere ja nicht aus, oder? ;) Und klar ist ein Black-Metal-Drumming was anderes als ein Punk-Beat. Aber ich denke, es ist klar, dass das auch nie meine Aussage war, oder? Aber so manches Riffing, die Attitüde … da schwingt schon viel Punk mit. Oder was meinst, warum Mayhem zuletzt sogar ne Punk-Cover-EP rausgebracht haben? ;)

                  1. Ja klar, Punk ist definitiv auch ein Einfluss des Black Metal (gewesen).

                    Um den Kontext nicht zu verlieren und den Kreis auch mal zu schließen. Es ging ja um deine Aussage der Black Metal Hymnen die meist nicht mehr als monotoner Punk wären. Das haben wir ja aber nun geklärt. ;-)

                    In diesem Sinne!
                    Alles Gute erstmal und Hiking Metal Punks forever!

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