Den älteren Black-Metal-Fans ist Gaahl wohl nach wie vor als der ehemalige Sänger von Gorgoroth ein Begriff, die jüngeren kennen ihn wohl vornehmlich von seiner 2015 gegründeten Band Gaahls Wyrd. Wer etwas tiefer in den Underground und das Werk des als Kristian Eivind Espedal geborenen Norwegers abtaucht, stößt neben dem dubiosen Projekt Gaahlskagg (mit Skagg von Deathcult) auch auf TRELLDOM – seine älteste Band.
1992 gegründet, legten TRELLDOM nach dem obligatorischen Demo-Tape („Disappearing Of The Burning Moon…“, 1994) mit „Til Evighet…“ (1995) und „Til Et Anne…“ (1999) zwei Alben vor, die als Blaupause für trven Black Metal dienen könnten: Vom verwaschenen Schwarz-Weiß-Foto-Artwork, über den höhenlastigen, verwaschenen Sound bis hin zum monotonen, aber irgendwie auch atmosphärischen Songwriting war hier so ziemlich jedes Kriterium erfüllt, das man von Norwegischem Black Metal aus den (späten) 1990er-Jahren erwarten würde.
Fast zehn Jahre später wagten sich TRELLDOM an eine Fortsetzung – außer dem Titelkonzept konnte „Til Minne…“ (2007) allerdings nur bedingt an die ’90er-Jahre-Alben anknüpfen: Was ehedem noch authentisch „trve“ war, klang in der deutlich besseren Produktion oft einfach langweilig, und auch sonst wirkte das Album oft ein wenig ziellos.
Drei Absätze mit Geschichten aus längst vergangenen Tagen, aber noch nicht ein Wort zu dem Album, um das sich dieses Review eigentlich drehen sollte, mag unkonventionell sein – und doch geht es in diesem Fall nicht anders. Denn nur so ist die Enttäuschung zu verstehen, die „…By The Shadows…“ auszulösen imstande ist. Das Problem nämlich ist, dass Gaahl und Konsorten mit ihrem ersten Werk seit 17 Jahren eine mustergültige Themaverfehlung begehen.
Wie bei einem ins falsche Genre abgedrifteten Aufsatz bedeutet das nicht automatisch, dass das Resultat für sich betrachtet schlecht ist – wenngleich „…By The Shadows…“ schon ein sehr spezielles Album geworden ist. Der Opener „The Voice That Whispers“ klingt wie eine Mixtur aus Mayhems „Ordo Ad Chao“ und „The Humming Mountain“ von Gaahls Wyrd – nur mit Saxophon und irgendwie ohne erkennbares Ziel. „Exit Existence“ ist mit seinem an Code erinnernden Klargesang, der Klarinettenbegleitung und dezenten Enslaved-Vibes in den Cleangitarren zwar gänzlich anders geraten, gleitet im letzten Drittel dann aber auch in wildes, und leider auch nur schwer erträgliches Chaos ab – woran das Instrumental „Return The Distance“ dann mit einem nicht minder verqueren Saxophon-Solo gleich zum Einstand direkt anknüpft. In Hälfte zwei wird es nicht eben leichter verdaulich: Über weite Strecken instrumental oder nur mit unartikuliertem Gurgeln ausgeschmückt, wirkt das Material so bemüht avantgardistisch wie sein Titel oder das zusammengepfuschte Cover.
In der richtigen Stimmung und mit einem Glas Rotwein in der Hand genossen mag „…By The Shadows…“ extrem atmosphärisch, und, in seiner impulsiv wirkenden Strukturlosigkeit jenseits aller Konventionen auf seine Art vielleicht mehr „Black Metal“ sein als jedes trve ’90s-Black-Metal-Album. Das Problem ist nur: Wer TRELLDOM kennt und mag, hat keinen Rotwein in der Hand und will auch ganz gewiss kein solch verkopftes Geschwurbel hören. Nun kann man natürlich argumentieren, dass es einer Band freigestellt sein muss, in fast zwei Dekaden ihren Stil zu wandeln. Und ja, das ist es. Wer das tut, riskiert allerdings Missverständnisse wie das, dass ein neues TRELLDOM-Album für Fans von TRELLDOM interessant sein könnte. Aber nein, ist es nicht.
Wertung: 3.5 / 10
Ohne die Band bzw. das Album verteidigen zu möchten, aber das Review wird dem Album in keinster Weise nicht gerecht.
Natürlich kann ein Stilwechsel, vor allem, wenn er derart krass durchgeführt wird, irritierend sein und manchen Langzeit-Fan vor den Kopf stoßen. Das ist immer eine subjektive Ansichtssache, ob ich als Fan mit einem Stilwechsel klar komme oder nicht.
Ein Review sollte jedoch die Musik objektiv bewerten und nicht das (möglicherweise verletzte, traurige) Fanherz sprechen lassen. „Thema verfehlt“ würde ich es hier somit leider nennen.
Hi Florian. Ich weiß nicht, wer dir diesen Bären der „objektiven Review“ aufgebunden hat (und wie man überhaupt Musik objektiv bewerten können sollte), aber Rezensionen sollten immer subjektiv sein. Verlass dich im Zweifel nicht auf mein Wort, Google ist dein Freund, < journalistische Textsorte Kritik > sollte da weiterhelfen. Im Übrigen hat Moritz zu dem Thema vor Jahren mal eine Kolumne (noch so eine subjektive Textsorte) geschrieben – da dürfte vor allem der letzte Absatz für dich interessant sein; wenn dich interessiert, zu was verletzte Fanherzen so fähig sind, dann auch der ganze Text. Klick hier. Grüße aus der Red.
Hi Florian, zum Thema „objektiv“ hat Markus ja schon alles gesagt, von mir noch etwas zu der These, dass es nicht objektiv wäre, sich an einem Stilwechsel zu stören. Dem stimme ich nämlich nur begrenzt zu: Natürlich muss sich eine Band weiterentwickeln dürfen. Wer aber nach vielen Jahren der Abwesenheit mit einem komplett neuen Stil „zurückkommt“, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass der Name hier nurmehr der Reichweite wegen wiederbelebt wurde. Und das ist es, was ich hier ganz objektiv kritisiere: Dieses Album hat mit Trelldom, wie man sie von bislang drei Alben kannte, so wenig zu tun, dass es fast schon einem Etikettenschwindel gleich kommt. Hätten sie es unter anderem Namen veröffentlicht, wäre das Problem nicht aufgetreten – dann hätte sich nur eben niemand für dieses Machwerk interessiert.