Während Dimmu Borgir immer noch auf den Nachfolger ihrer 2010 erschienen Platte „Abrahadabra“ warten lassen, machen sich nun TOTENGEFLÜSTER daran, die Symphonic-Black-Metal-Hörerschaft mit neuem Stoff zu versorgen. „Im Nebel der Vergänglichkeit“ nennt sich das zweite Album des deutschen Quintetts, das einstmals das Soloprojekt von Totleben war. Dessen Artworks zierten bereits zahlreiche Metal-Releases, so naheliegenderweise auch jene seiner eigenen Band. Besieht man sich das detaillierte, düstere, aber etwas zu sterile Cover, so erkennt man: TOTENGEFLÜSTER gehen äußerst professionell zu Werke, können ihren Vorsatz, Dissection-Gitarrenläufe mit Soundtrack-Orchestrierung zu kreuzen, jedoch nur teilweise einhalten.
Mit dem rohen und doch melodischen Schwarzmetall der hoch angesehenen Schweden haben TOTENGEFLÜSTER nämlich fast gar nichts zu tun. Stattdessen spielen die Deutschen ihren Black Metal so modern, dass selbst Dimmu Borgir dagegen wie eine Trve-Underground-Band erscheinen. Jeder Song der 54-minütigen Scheibe ist randvoll zugekleistert mit einem sinfonischen Keyboard-Gemisch aus Streichern, Bläsern, Piano und Chören, während die Gitarrenriffs und Drums ohne jedwede Zurückhaltung die Trommelfelle unter Beschuss nehmen. Epische, unheilvolle Leadmelodien, wie sie in dem Genre Usus sind, bilden eher die Ausnahme, das gleiche gilt für etwaige stimmungsvolle Down-Tempo-Passagen.
An Brutalität mangelt es den Tracks von TOTENGEFLÜSTER keineswegs. Diesbezüglich beeindrucken insbesondere die wahnwitzigen, vielfältigen Screams und Growls, die mal diabolisch, dann wiederum gehetzt oder verzweifelt klingen, und nur selten von bedrückendem Spoken-Word abgelöst werden. Wie man als geneigter Metal-Kenner weiß, spielt im Black Metal die Atmosphäre jedoch eine viel entscheidendere Rolle als die Wucht, mit der die Musiker beispielsweise vorrangig im Death Metal ihre Instrumente erklingen lassen. Genau das ist der Haken an „Im Nebel der Vergänglichkeit“ – metallische Härte und spielerische Präzision bieten TOTENGEFLÜSTER en masse, Stimmung bauen sie hingegen nur vereinzelt auf.
Zwar haftet zum Beispiel den Keyboards im nach der Band selbst benannten Song mehr als nur ein Hauch Mystik an und einige der klassisch angehauchten Melodien wissen durchaus zu gefallen, doch die meiste Zeit über fehlt es der Orchestrierung viel zu sehr an Düsternis und der extrem sterile Sound macht jeden Anflug von Gruselfeeling zunichte. In all dem Chaos aus melodiearmen Riffs und Blast-Beats kommt den einzelnen Songs außerdem ihre Individualität abhanden, es bleiben allenfalls einzelne Klangfetzen im Gedächtnis.
Im Genre mögen sie Brüder sein, doch mit dem Horror, den Carach Angren mit ihrer Musik heraufbeschwören, oder der pompösen Grandeur, die den Symphonic Black Metal von Dimmu Borgir ausmacht, haben TOTENGEFLÜSTER kaum etwas gemein. Ihr Bandname mag subtil wirken, ihre Herangehensweise ist es jedenfalls nicht. Musikalisch wie visuell ist „Im Nebel der Vergänglichkeit“ viel zu aufpoliert und sobald ein Song zu Ende ist, vergisst man ihn augenblicklich wieder. Hätten TOTENGEFLÜSTER mehr auf Atmosphäre gesetzt und weniger Tracks mit mehr Wiedererkennungswert geschrieben, wäre ihr zweites Album vielleicht sogar ein Vorzeigewerk des Genres geworden. So hingegen steht es nur ein wenig über dem Durchschnitt.
Wertung: 6 / 10