Review Todtgelichter – Rooms

Keine Frage: TODTGELICHTER sind ein Phänomen. Seit sie sich zwischen zwei Alben vom truen Schwarzmetall zur Avantgarde-Metal-Hoffnung mauserten, geben die weiß getünchten Hamburger das musikalische Chamäleon in der heimischen Metal-Szene: Immer düster, immer schillernd, immer grell, immer anders als die anderen – aber auch als sie selbst. Auf „Angst“ folgte mit „Apnoe“ ein Ausflug in fast poppige Gefilde, mit „Rooms“ geht die Reise nun weiter. Wohin, lässt sich im Vorhinein nicht einmal erahnen. Nur eines scheint klar: Dass Fans auch diesmal bereit sein müssen, der mit großen Schritten davoneilenden Band zu folgen. Auf der Stelle treten? Dürfen andere.

Dass also auch „Rooms“ den Hörer wieder vor Herausforderungen stellen würde, war abzusehen. Welche das sein würden, hingegen nicht. Die Antwort bringt der erste Hördurchgang. Mit „Ghost“ beginnt „Rooms“ stilistisch überraschend vertraut: Geführt von Martas einnehmenden Stimme fällt das Stück (wie auch das darauffolgende „Schrein“) für TODTGELICHTER fast schon überraschend band-typisch aus und begeistert mit bezaubernden Melodien und Gänsehautmomenten, die „Angst“ stilistisch näher stehen als „Apnoe“. Einen grundsätzlichen Stilwechsel haben Fans von „Rooms“ also nicht zu befürchten: TODTGELICHTER haben sich gefunden, wissen, wer sie sind und was sie wollen. Soweit, so gut. Doch TODTGELICHTER wären nicht TODTGELICHTER, würden sie ihre Fans so einfach davonkommen lassen.

Denn mag „Rooms“ stilistisch auch noch so gut zu „Apnoe“ und „Angst“ passen, ist die Atmosphäre des Albums doch eine gänzlich andere als die der genannten Alben. Der Grund dafür ist in der Inszenierung und dem Arrangement zu suchen: Zum einen steuern TODTGELICHTER dem bisherigen Trend zu immer mehr Eingängigkeit mit „Rooms“ klar entgegen – die poppigen Elemente sind stark reduziert, auch Ohrwürmer machen um „Rooms“ einen weiten Bogen. Andererseits experimentieren die Hamburger mehr denn je: Opulente Kirchenorgeln („Lost“) und Retro-Rock-Orgel („Origin“), abgespacete Sounds („Necromant“) und hartes Riffing („Shinigami“) – es gibt nichts, wofür auf „Rooms“ kein Platz wäre.  Das macht das Album lebendig, allerdings auch schwer durchdringbar: Nicht immer ist klar, wohin TODTGELICHTER mit einem Song wollen, noch schwerer jedoch ist auszumachen, was sie dort dann veranstalten und durch welches kompositorische Wurmloch sie schließlich zum nächsten Stück reisen … in einen anderen Sound, in einer anderen Welt.

Wie jeder anständige Raum hat auch „Rooms“ Ecken und Kanten – mehr, als man es aus der dreidimensionalen Welt gewohnt ist. Während einige davon (nach Feng-Shui ausgerichtet?) überaus angenehm, ja, fast gemütlich gestaltet sind, wirken andere modern-steril oder schrullig-retro – und ja, irgendwo ist auch noch eine düster-dreckige Ecke, in der schemenhaft die im TODTGELICHTER-Universum selten gewordene schwarz-metallene Umgedrehtes-Kreuz-Spinne zu erkennen ist. Was da alles um sie herum passiert, hat sie zu verstehen längst aufgegeben. Aber das macht nichts. Man möchte ihr zurufen: Hab keine Angst! Halte den Atem an und genieße einfach die Atmosphäre in diesen Räumen!

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Wertung: 8 / 10

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