Wer das Glück hatte, TO THE GRAVE auf der „Elegy European Tour“ live zu sehen, konnte zwei Tracks des neuen Longplayers „Director’s Cuts“ hören, bevor besagtes Album überhaupt Einzug in die Plattenläden gefunden hat. Wem das Glück nicht vergönnt war, hat nun die Möglichkeit, das dritte Studioalbum der Australier in den Händen zu halten. Sofern man sich traut, die Platte zu kaufen, denn das Artwork, das einen ausblutenden Ziegenkopf zeigt, ist ein guter Vorbote für die Brutalität, die sich auf „Director’s Cuts“ befindet.
Wer bereits die beiden vorherigen Alben kennt, weiß, dass TO THE GRAVE nicht die richtige Band für Hörer sind, die klassischen Deathcore mögen. Denn obwohl es sich die Australier in dieser musikalischen Nische bequem gemacht haben, ist ihre Musik wesentlich näher am slammenden Brutal Death Metal als am abwechslungsreichen Spiel der Core-Genres. Demnach sind die Songs von TO THE GRAVE nur bedingt ein gutes Beispiel für Deathcore; zwar bauen die Australier gut und gerne Breakdowns ein und lassen die tiefer gestimmten Gitarren ein Stakkato-Riff nach dem anderen spielen, verzichten dafür aber größtenteils auf Blastbeat-Salven und abwechslungsreiche Motive. Vielmehr begleitet die Instrumentalfraktion die nicht abklingende Wut von Sänger Evans, der in den elf Songs sein gesamtes Können zeigt: kehlige Screams, röhrende Growls, zorniger Klargesang, düstere Spoken-Word-Einlagen.
Genau hier, in der Wut des Sängers und dessen Talent, die Wut über seine Stimme zu kanalisieren, liegt der eigentliche Zauber von TO THE GRAVE. Nicht etwa in facettenreichen Songstrukturen, in stimmungsvollen Momenten, guten Soli oder starken Leads, sondern schlichtweg in Dane Evans. Die Instrumentalfraktion begleitet ihn nur. Mal mit Djent-, beinahe schon Meshuggah-ähnlichen Riffs („Full Sequence“, „Manhunt“, „Cut Off The Head“), mal im Mid-Tempo mit Wiedererkennungswert („Red Dot Sight“), mal im Stile von groovendem Slam-Metal („B.D.T.S.“). Über all das legt Evans seine schier grenzenlose und berechtigte Wut über den schlechten Umgang der Menschheit mit dem Planeten. Neben Gojira und Cattle Decapitation etablieren sich TO THE GRAVE somit als eine weitere Band, die sich der Thematisierung des stattfindenden Ökozids verschreibt.
„Director’s Cuts“ endet mit dem einzigen Longtrack der Platte, „Die, Rise“, auf dem sich die Australier ungeahnt melodisch und mit einem Händchen für einen stimmungsvollen Songaufbau zeigen. Schade, dass sie nicht schon zuvor Gebrauch davon machten. Somit wirkt die dritte Platte von TO THE GRAVE dank Evans‘ Talent am Mikrophon nach Ende von „Die, Rise“ noch etwas nach, aufgrund der fehlenden starken Riffs, Melodien oder Breaks hält diesen Nachhallen aber nur kurzzeitig an.
Wertung: 7 / 10