Review Thy Catafalque – Sgùrr

Tamás Kátai ist ein ruhe- und rastloser Künstler, der seine Gedanken und Wahrnehmungen sowohl schriftlich als auch musikalisch zum Ausdruck bringt; sei es als Poet, als professioneller Fotograf oder als Multiinstrumentalist, der für sein Avantgarde-(Black)-Metal-Projekt THY CATAFALQUE singt, Gitarre und Bass spielt sowie die Programmierung übernimmt. Vier Jahre nach seinem furiosen fünften Werk „Rengeteg“ meldet sich der Ungar mit dem lang erwarteten wie heiß ersehnten „Sgùrr“ zurück, welches – glaubt man an Kátais Gespür für vitale wie eingängige Kompositionen – seinem Vorgänger in nichts, aber auch in gar nicht nachstehen dürfte.

Im Vergleich zur fünften Veröffentlichung klingt das aktuelle Album bereits noch während des ersten Durchlaufs dichter im Klang, aber auch im Konzept. Während „Rengeteg“ noch eine wesentlich verspieltere Melodieführung besaß und zuweilen mit manchen Tönen überraschte, scheint „Sgùrr“ aus einem Guss, in einer einzigen Aufnahme eingespielt worden zu sein. „Fekete Mezők“, das zehnminütige Brett eines Openers, konnte auf THY CATAFALQUEs 2011er Werk problemlos neben einem ambient-verspielten „Kő Koppan“ stehen; ein Stilmix, der nicht unbedingt jeden begeistern konnte und – zur Freude eben jener – auf „Sgùrr“ viel verwobener erscheint.

Ebenfalls frühzeitig sticht der vergleichsweise geringfügige Gesang hervor: Kátais glänzt gesanglich überraschend mit großer Zurückhaltung. Während er sich zuvor noch in einem „Trilobita“ mit glasklarer, teils hoher Stimme in einem Dickicht an wunderschönen Melodien verlor, lässt er auf seinem sechsten Studioalbum vordergründig die Saiten anstatt seine Stimme singen. Faktisch ebenfalls erkennbar daran, dass von den sieben Tracks (das 20-sekündige Intro und Outro exklusive) vier reine Instrumentalstücke sind. Die sind allemal mitreißend, aber im Hinterkopf hat man als Fan eben doch diese Erwartung, dass Kátais dieses musikalische Schmankerl gleich noch mit einer Ohrwurm-tauglichen, gesanglichen Melodieführung garnieren wird. Dies tut der Ungar nicht, was den Liedern auf „Sgùrr“ nicht schadet, sie im Ohr eines Kenners aber im ersten Moment unvollendet erscheinen lässt.

Vermutlich ist die gesangliche Zurückhaltung aber auch ein bewusst genutztes Stilmittel. Denn „Sgùrr“ punktet nicht nur mit einer besser kreierten Atmosphäre, sondern auch mit einer dunkleren. THY CATAFALQUE klingt aufbrausender und tobender als zuvor, ein zartes Stimmchen wie es Kátais auf dem Vorgänger präsentierte, würde bei der Kraft von „Sgùrr“ kläglich untergehen. Dass THY CATAFALQUE als ein Black-Metal-Projekt gegründet wurde, ist auf diesem Album deutlich herauszuhören, natürlich nicht im Stile eines „Diabolical Fullmoon Mysticism„, sondern in der Machart des Debüts „Sublunary Tragedies “ (1999), selbstredend mit einem bedeutend besseren Klang.

Von „Sgùrr“ bleibt das, was THY CATAFALQUE als kontinuierliche Steigerung von Album zu Album schaffen, nämlich eine irgendwie noch bessere Platte als die vorherige, die wiederum doch aber ebenfalls schon mitreißend war. Die Etablierung seines eigenen Sounds gelang Kátais schon mit dem Zweitling „Microcosmos“ (2001), von da an folgten stetig reifere Alben; eine Entwicklung, die (konsequent zu Ende gedacht) nur in einem dynamischen und zugleich atmosphärischen sowie harschen und zugleich sanften „Sgùrr“ münden konnte.

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Wertung: 9.5 / 10

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