Ärgerlich – beim erstmaligen Betrachten des unterm Strich schlicht coolen Covers von „Heavy Metal Rage“ wurden sofort Erwartungen geweckt, eine gewisse Vorfreude auf ein Stück ungeschliffenen, deftigen Heavy Metals. In Kombination mit dem Bandnamen THUNDER LORD und eben dem Titel der CD hatten es die Chilenen ja bereits geschafft, sämtliche zentralen Identifikationsmerkmale des klassischen Metals zu bedienen. Was daran ärgerlich ist? Die Übererfüllung der Erwartungen; die Musik auf „Heavy Metal Rage“ ist tatsächlich roh und bis zur Unkenntlichkeit ungeschliffen. In den Händen hält man aber leider weniger einen Rohdiamanten als viel eher ein Stück Kohle.
Nach dem erstmaligen Hören ging ich davon aus, das Werk einer jungen, gerade dem Proberaum entwachsenen Band in den Händen zu halten. Doch weit gefehlt, THUNDER LORD existieren seit 2002. Wenn 12 Jahre Musizieren letztlich in einem Werk wie dem hiesigen kulminieren, hat man als Rezensent noch nicht einmal mehr die Möglichkeit, in oberlehrerhafter Manier der Band einen weiteren Aufenthalt im Proberaum zu verordnen. Nach 12 Jahren ist die Schonzeit schlicht vorbei – und trotzdem, so richtig einschießen möchte ich mich auf THUNDER LORD nicht, das Gebotene wirkt häufig zu dilettantisch, als dass man nicht wieder an eine frisch gegründete Band denken würde. Nun, zu einem halbwegs ehrlichen Urteil kommt man wohl nur, wenn man diese mütterlichen Gefühle weg schiebt.
THUNDER LORD nennen als Einflüsse ihrer Musik unter anderen alte Running Wild und Exciter; das passt bestens. Tatsächlich klingen die Chilenen, vor allem in ihrer Melodiearbeit, sehr stark wie alte Running Wild zu „Gates To Purgatory“ Zeiten. Ab und an geht man dann etwas ungestümer zu Werke, was dann durchaus Parallelen zu Exciter aufzeigt. Die qualitativen Erwartungen, die diese beiden Referenzen aber schüren, können von THUNDER LORD zu keiner Zeit erfüllt werden. Die gebotenen Melodiebögen sind langweilig bis abgedroschen, der Songaufbau denkbar einfach und das Riffing geradezu stumpf. Auch der Gesang erinnert an frühe Running Wild, als Rolf Kasparek noch mehr geknurrt als gesungen hat – aber Esteban Peñailillo versucht eben tatsächlich zu singen. Das Ergebnis dieser Bemühungen ist ein enorm eintöniges Klangbild, weil die Spannbreite von Peñailillos Stimme ziemlich begrenzt ist und es ihm zudem nicht recht gelingen will, packende Strophen- oder Refrainmelodien zu finden.
Nun sind zwar nicht alle Songs, die sich auf „Heavy Metal Rage“ finden, völlige Katastrophen, „A New Beginning“ kann beispielsweise als halbwegs gelungen bezeichnet werden und auch „Crusaders“ geht in Ordnung. Das Gros der Platte ist aber unterdurchschnittlich, nicht nur hinsichtlich der kompositorischen Qualität, sondern auch in technischer Hinsicht – an manchen Stellen haben Gitarren- und Gesangsarbeit etwas geradezu Stümperhaftes an sich. Und so bleibt mir nur ein leichtes Schulterzucken. „Heavy Metal Rage“ ist ein Album, aus dem was hätte werden können, aber eben nichts geworden ist.
Wertung: 5 / 10