Review Thine Eyes Bleed – In The Wake Of Separation

THINE EYES BLEED. Etwa eine weitere Combo, die im Fahrwasser der nicht enden wollenden Metalcore-Welle ein brutwarmes Debütwerk voll ausgelutschter metallischer Trendmusik über den großen See nach Europa schifft? Nicht ganz. Denn diese fünf jungen Herren aus Kanada paaren zwar ebenfalls vorbildlich den heißgeliebten Melodic Death Metal der schwedischen Schule mit sehr marginalen Einflüssen aus dem klassischen New York-Hardcore, jedoch halten sie bewusst und nahezu zwanghaft einen gesunden stilistischen Abstand zum mainstreamtauglichen Metalcore-Einheitsbrei, soll heißen, dass „catchy“ Refrains und sonstige Harmonien auf „In The Wake Of Separation“ überraschend rar gesät sind. Wütend, schnell, massiv und dissonant preschen Thine Eyes Bleed durch ihre neun Tracks, und wir im Schnelldurchlauf mit ihnen…

„Cold Victim“ geht ohne großartige Introduktion in die Vollen und so regiert nach einer kurzen, einleitenden Rückkoppelung sofort das allmächtige Riff: Stampfendes Midtempo gibt sich mit fetzigem Geknüppel die Klinke in die Hand, mehr oder weniger bereichert von einem überaus spärlichen Melodieanteil. Der Chorus ist äußerst griffig, die Nummer insgesamt ziemlich kompakt und straff. „Without Warning“ mutet hingegen ein bisschen hektisch und unstrukturiert an, einzig ein paar herrlich wummernde, thrashig angehauchte Riffs stechen aus diesem recht wirren Gemetzel wirklich hervor. Der Song ist aggressiv, keine Frage, aber im Gegensatz zum Opener schlichtweg ein bisschen zu chaotisch und krampfhaft überladen. „And Since Forgotten“ schlägt in die gleiche Kerbe und rauscht ebenfalls weitestgehend an einem vorbei. Handwerklich kompliziert, jedoch einfach zu übereifrig. Hier bleibt kaum etwas hängen.

„Live To Die“ fegt standardmäßig nach vorne, funktioniert dank dem zeitweiligen, sehr prägnanten Einsatz von tonnenschwerem Midtempo-Groove aber weitaus besser, als die beiden vorhergehenden Songs. Schon nach nicht mal zwei Minuten wirft die Band ein erstes Gitarrensolo ein, das zweite folgt im Zuge einer verhältnismäßig ruhigen, einprägsamen und leicht psychotisch wirkenden Passage, bei welcher sich der ansonsten fast durchweg gleichförmig und harsch brüllende Sänger Justin Wolfe tatsächlich auch an klarer Gesangsform versucht. „Corpse You Up“ pendelt gekonnt zwischen eigenwillig verschachtelten, wieder mal etwas unkoordinierten Abschnitten, extremen Blastbeat-Attacken und monströsen Stampfparts. Zweifellos eines der besseren Lieder.

„Innocent Mind“ kracht in der ersten Hälfte relativ belanglos vor sich hin, danach schießt der Melodiegehalt jedoch angenehm nach oben, was den Song ein bisschen aufwertet. „Sliver“ kommt streckenweise schön bösartig, zynisch und schleppend daher, ist in einigen Moment aber auch etwas zu zerfahren. „Consequence Unkown“ schwingt vereinzelt noch mal ein wenig die Thrash-Keule und ist besser auf den Punkt gebracht als sein Vorgänger, besonders am Ende zeigt sich der Song durch ein faustdickes Stakkato-Riffing wunderbar treffsicher. „Regret Your Fear“ macht allerdings wieder einen relativ nervösen, uninspirierten und merkwürdig verworrenen Eindruck, von einem wirklich bündigen, präzisen und ausgereiften Song sind Thine Eyes Bleed hier leider abermals weit entfernt.

Musikalisch haben die Jungs aber definitiv einiges auf dem Kasten, und mit Bassist Johnny Araya, dem Bruder des wohl allseits bekannten Tom Araya von Slayer, sowie Gitarrist Jeff Phillips, welcher ehemals als Live-Klampfer bei Kittie tätig war, auch zwei größere Namen im Line-Up. „In The Wake Of Separation” macht streckenweise zwar durchaus Spaß, jedoch wäre es erfreulich, würde die Band in Zukunft etwas kontrollierter zu Werke gehen, ein bisschen mehr Wert auf Eingängigkeit legen und nicht durchgehend so übermütig und verbissen nach vorne spielen. Der wohl stärkste Song der Platte und dementsprechend mein Anspieltipp ist der knackig-morbide Opener „Cold Victim“. Freunde von Bands wie At The Gates oder Heaven Shall Burn sollten hier also unbedingt mal ein Ohr riskieren.

(Daniel H.)

Wertung: 6.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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