Eine merkwürdige Tracklist für ein Vollzeit-Album: Gerade mal vier eigene Lieder, dazu drei Cover und drei Live-Versionen. Was hat man sich dabei bloß gedacht? Christoffer Johnssons Kommentar auf THERIONs Internetpräsenz gibt eine Erklärung dafür: Ursprünglich war „Crowning of Atlantis“ als Mini-CD (ohne das Manowar-Cover „Thor“ und die Live-Tracks) gedacht, doch das Label wollte unbedingt ein volles Album haben. Nunja… das Resultat dieses Wunsches (wovon der wohl inspiriert wurde, ähem) ist eine CD, die sowohl vom akustischen als auch vom sinnfragenden Standpunkt höchst merkwürdig anmutet.
Zunächst wären da einmal die „normalen“ Songs, die durchaus etwas taugen; hier handelt es sich um typische Therion-Kost, die noch um einiges weniger auf Bombast setzt als spätere Veröffentlichungen. Eher im Gegenteil, die Lieder kommen geradezu rockig und unkompliziert daher (vom 8 Minuten langen „Clavicula Nox“ mal abgesehen). Das macht schon Spaß und kann sich hören lassen, das erwähnte „Clavicula Nox“ greift tief in die Orchesterkiste und fährt neben einem Klavier auch ausgedehnte Operngesänge auf. Soweit, so gut.
Nun sind also die Cover an der Reihe: „Crazy Nights“ von Loudness, „Thor“ von Manowar und „Seawinds“ von Accept. Für die ersten beiden holte man Primal Fear-Sänger Ralf Scheepers ins Boot – meiner Meinung nach ein Fehler epischen Ausmaßes, denn Scheepers quiekt und kreischt sich im Stil von Tim „Ripper“ Owens durch diese beiden Coverversionen und ruft damit schon nach dem ersten Anhören der Lieder Brechreiz ebenfalls epischen Ausmaßes hervor… na gut, nicht ganz so schlimm, aber es nervt schon tierisch. Besonders um „Thor“ tut es mir Leid, denn Eric Adams verstand es seinerzeit, dem Song mit seiner erhabenen Stimme viel Charakter zu verleihen, woran Scheepers kläglich scheitert. Immerhin ist „Seawinds“ etwas Besonderes: Vom ursprünglichen Lied ist hier kaum noch etwas übrig, es wurde zu einer sehr schönen, mit Frauengesang versehenen Feuerzeugschwenknummer umgemodelt.Bleiben noch die Liveversionen. Nun, was soll ich hierzu groß sagen? Solide. Gute Songs, guter Sound, gutes Publikum. Mehr gibt es hier nicht zu berichten.
Es stellt sich schlussendlich die Sinnfrage: Warum zum Teufel musste das Label eine Mini-CD zum Album aufblasen? Das Wort „Geldgier“ springt mich in großen, goldenen Lettern an und es fällt mir schwer, das als unwahrscheinlich abzutun. So bleibt am Ende also eine Scheibe mit rund 26 Minuten brauchbarer Musik (die Live-Stücke nicht mitgezählt), der Rest schwankt zwischen „belanglos“ und „für die Tonne“. Ich weiß auch gar nicht, ob ich das hier wirklich benoten soll, denn anscheinend war das so von der Band ja gar nicht gewollt – sehr positiv würde mein Urteil leider nicht ausfallen. Ich verzichte also darauf und halte fest, dass dies ein Album ist, das man nicht unbedingt haben muss – wer es allerdings günstig schießen kann, der tue sich keinen Zwang an.
Keine Wertung