Das gibt es nur in Skandinavien: Eine reinrassige Thrashband landet gleich mit drei Songs in den Single-Top Ten – Songs, die dem hiesigen Charthörer wohl ohne größere Probleme die Murmel zwischen den Schultern wegpusten würden. In drei Jahren in Folge, von 2005-2007, hievten die CD-Käufer die Singles von THE SCOURGER in die obersten Ränge der finnischen Verkaufslisten, „Hatehead“ schaffte es anno ’05 sogar auf die Nummer 1. Es muss also etwas an dieser Band geben, was zahlreiche Leute in seinen Bann zieht. Was ist es wohl?
Ganz grob gesprochen handelt es sich hier um Thrash Metal, angemischt mit einigen modernen Elementen; ganz so „old school“, wie die Jungs sich selbst offenbar sehen, würde ich sie also nicht einordnen. Eher spielen sie vom Musikstil und – ja, so weit möchte ich mich hier tatsächlich aus dem Fenster lehnen – qualitativ in einer Liga mit Bands wie Machine Head und Kreator. Ich sehe vor meinem geistigen Auge schon, wie die ersten Thrash-Fanatiker rostige Nägel und Fleischerhaken zücken, um mir diese Blasphemie auszutreiben… aber ich lasse mich nicht davon abbringen, ha! THE SCOURGER haben wirklich einiges drauf. Natürlich haben sie noch lange nicht den Legendenstatus der eben genannten (Neo-)Thrash-Heroen inne, aber sollten sie so weitermachen, sind sie auf dem besten Weg, sich diesen zu erarbeiten.
Also, wie gesagt, hier gibt’s kräftig auf die Nüsse – es gibt typisch-thrashiges Drumming, typisch-thrashige Gitarrenriffs und typisch-thrashiges Gekeife von Jaska. Okay, doch ziemlich viel Oldschool! Auch wenn alles im modernen Soundgewand daherkommt. Würden die Finnen nicht ab und an für Abwechslung sorgen, könnte man sie fast in eine Schublade mit Bands wie Exodus stecken. Sie tun es aber, und das ist auch besser so, denn sonst wäre die fast vollgemachte Stunde Thrash, die es hier gibt, wohl eine ziemlich langweilige.
Worin besteht diese Abwechslung also? Zunächst einmal gibt es zwar altbekannte, aber immernoch wohlgefällige „orientalisch“ klingende Elemente, wie zum Beispiel am Anfang des Titeltracks oder in der Mitte von „No Redemption“. Dann gibt es ruhige Intermezzi (wiederum der Titeltrack) oder auch mal melodische Zwischenparts („To tame a Life“) und sogar cleanen Hintergrundgesang („In the Hour of Ruin“). Die meiste Zeit über bleiben THE SCOURGER aber tatsächlich bei dem Oldschool-Thrash-Gerüst, das sie sehr virtuos konstruieren. An jedem Instrument ist der Teufel los: Die Gitarrenfraktion zaubert reihenweise Nackenbrecher-Riffs (hier lässt sich jedes Lied heranziehen), tolle Melodien („To tame a Life“) und frickelige Soli en masse aus dem Ärmel, Schießbudenbesitzer Seppel, äh, Seppo knüppelt sich in atemberaubenden Breaks die Arme aus den Schultergelenken. Etwas unvariabel kommt lediglich Jaska daher, der sich durchgehend heiser schreit als gäb´s kein Morgen, doch das tut er mit Bravour.
Dem Thrash-Fan können THE SCOURGER also durchaus einiges bieten, Innovation darf man hier aber bitte nicht erwarten. Auch die angesprochenen Einsprengsel, die das Grundrezept auflockern, sind beileibe nicht neu, aber gut eingesetzt. Wer also mal wieder Lust auf ordentliche Uffta-Uffta-Schlagzeugrhythmen (die das Album nicht dominieren, aber öfter mal vorkommen), thrashiges Gekeife und mörderisch schnelle Gitarrenriffs hat, sollte den fünf Finnen einmal Gehör schenken. Auch Fans von Kreator oder (mit Abstrichen) Machine Head sollten hier mal reinschauen. In den deutschen Charts kann ich mir diese Band immernoch nicht vorstellen, aber die Herren bei The Dome zu sehen, hätte sicher was. Insgesamt gibt’s hier:
Wertung: 7 / 10