Review The Man-Eating Tree – Harvest

Vesa Ranta ist als ehemaliger Schlagzeuger der Finnen-Metal-Legende Sentenced noch bestens bekannt. Nach dem Ende der Band setzte er musikalisch für einige Jahre aus. Bemerkenswert, hat man doch immer das Gefühl, dass kein Finne länger als ein paar Tage ohne metallisches Musizieren auskommt – und dann gleich ein ehemaliges Mitglied einer solchen Ausnahmeband? Wie auch immer, „Harvest“ ist das zweite Album seiner neuen Truppe THE MAN-EATING TREE, welche sich erst 2009 formiert haben. In Person von Janne Markus (Poisonblack), Mikko Uusimaa (Reflexion) und Heidi Määttä (Embraze) sind weitere Szenebekanntheiten dabei, am Mikro steht mit Tuomas Tuominen ebenfalls ein durchaus fähiger Mann.

Genug der Vorrede, mit einiger freudiger Erwartung begebe ich mich an „Harvest“ heran. Das Info verspricht ausgesprochen düstere Musik, womit sich der erste Ansatzpunkt auch gleich mal bietet. Düster ist der Sound mit Sicherheit, aber für eine finnische oder allgemein skandinavische Kapelle, die es genau darauf anlegt, sicher nicht übertrieben. Vielmehr versucht man die Atmosphäre der genannten Reverenzbands aufzunehmen, garniert sie aber mit einer interessanten Note der Progressivität. Dafür sprechen alleine schon die Längen der einzelnen Songs, sechs bis fast achtminütige Lieder sind keine Seltenheit. Dass das Konzept dennoch gut aufgeht, zeigt „Exhaled“, welches sich als kleines Meisterstück alles in allem immer noch sehr natürlich entwickelt. Eingebettet in harte, aber nicht zu schnelle Gitarrenläufe besticht es vor allem mit einem nett ausgearbeiteten Zwischenteil, der akustisch daherkommt. Wie man überhaupt sagen kann, dass die akustische Gitarre einen großen Anteil an den Songs hat. Vor Weichspülerei muss sich aber niemand fürchten, es dominiert die kraftvolle Arbeit, die gerne auch mal durch prägnantes Drumming unterstützt wird. Warum sich THE MAN-EATING TREE dennoch von anderen Szenegrößen unterscheiden, liegt an Sänger Tuomas Tuominen, den man am ehesten noch mit Mika Tauriainen von Entwine vergleichen könnte. Man könnte das tun, muss aber nicht, denn wie die Musik, verfügt auch der Frontmann über ein gutes Maß an Eigenständigkeit.

Was mir ein bisschen fehlt, ist der typisch finnische Wohlfühlfaktor in der Musik. Die Lieder sind gut, sie gehen ins Ohr, Songwriting, Sound usw. stimmen, aber die Seele erreicht man (noch) nicht. Nun ja, dramatisch ist das sicher nicht, außerdem genießt man auch als alter Hase beim zweiten Album noch einen gewissen Welpenschutz. Die Habenseite überwiegt auf jeden Fall deutlich und mit dem Rausschmeißer „Karsikko“ hat man auch eine recht ungewöhnliche Nummer dabei. Immerhin eine echte Orgel in einer echten Kirche kam hierfür zum Einsatz, eine ausgesprochen ausdrucksstarke Atmosphäre ist hierfür garantiert – auch wenn man sich nichts vormachen darf, die Sounds aus der Konserve sind allerhöchstens noch ein My schlechter als Originalinstrumente, nur halt weniger cool.

Man tut der Band sicher Unrecht, wenn man sie als Sentenced-Nachfolger tituliert. Schon auf dem zweiten Album – das erste kenne ich leider nicht – ist ein eigener Sound erkennbar, der wenig mit anderen Truppen zu tun hat. Trotzdem ist die Musik unverkennbar finnisch, so dass eine Kaufempfehlung für Freunde der nordischen Klangkunst durchaus auszusprechen ist.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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