Ich hatte bei meiner Vorstellung im Impressum dieser Seite geschrieben, ich wolle als Rezensent auch neue Musikstile kennenlernen. Voila, da wären wir! Eine Platte wie „2“ von Jelly Jam hätte ich sonst nie zu hören bekommen…
Ty Tabor (King’s X), John Myung (Dream Theater) und Rod Morgenstein (Dixie Dregs) legen mit ihrer zweiten Platte ein Groove-Monster allererster Güte vor. Scheinbar mühelos verbinden sie etliche Stilarten des Rock in stets kernigen, rockigen, auf den Punkt gebrachten Songs, die einfach nur Spass machen. So ist bereits mit „Not Today“ ein überaus gelungener Opener am Start, der mit hardrockigen Gitarrenriffs die Marschrichtung klar vorgibt. Dass dabei auch die Gesangsmelodien im Vordergrund stehen, beweist Track 6 namens „Maybe“. Wie bei vielen andere Stücken, wirken die Harmonien hier wie direkt aus den Seventies und lassen doch starke Erinnerungen an die Beatles wach werden. Besonders hervorheben möchte ich den Songverbund „Drop The Gun“ und „Allison“, mein persönlicher Langzeitfavorit. Ersterer entwickelt sich nach ruhigem Beginn zu einem düsteren, atmosphärischen, sehr psychedelischen Hammersong. Percussives Drumming und John’s dunkle Bassläufe tragen zu der unheimlichen Dichte des Tracks bei. Er ist wie ein heraufziehender Sturm, der sich im folgenden „Allison“ entlädt. Da pfeift uns schon wieder so ein cooles Riff entgegen! Immer noch ist diese intensive, negative Grundstimmung zu spüren, vermischt sich hier aber gelegentlich mit Aggressivität. Bereits der Text des Refrains weist darauf hin: „Please drop the gun, you never need it Allison!“. Hier werden auch Melodien des „Intros“ wieder aufgenommen. In der letzten Minute bläst man dann zum großen Tornado: Dieses hypnotische Riff wird immer lauter und schneller gespielt, Rod Morgenstein entwickelt sich zu einem Monster am Schlagzeug und baut verdammt viel Druck auf, spielt dabei aber trotzdem höchst komplexe Fills und Rhythmen, ehe man plötzlich und absolut unangekündigt verstummt und wieder Stille einkehrt. Diese 8 ½ Minuten sollte man definitiv mal gehört haben! „Runaway“ wiederum ist für mich ein gelungener Mix aus punkiger Unbekümmert- und Direktheit und klassischem Rock’n’Roll. Und damit meine ich, nur zur Entwarnung, nicht jenen Pop-Punk wie ihn etliche momentan höchst angesagte, äußerst junge und „talentfreie“ Bands auf den Markt werfen. Den Quasi-Abschlusssong „War Is…“sehe ich als eine gelungene Uptempo-Nummer, die mir mit ihrem rapähnlichen Gesang im Chorus fast wie eine Karikatur etlicher NuMetal-Bands erscheint. Die 36-sekündige „Message“ am Ende des Albums halte ich für sinnlos und unbrauchbar. Da wollte sich wohl jemand einen Spaß erlauben und hat eine Audionotiz aus der Produktionsphase mit draufgebrannt!
So, haben wir also wieder was gelernt: Rockmusik, die nicht perfekt ausproduziert ist, sondern roh aufgenommen wurde und zudem noch keine Keyboards enthält, gefällt mir also auch. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich auch in der weiten Welt etliche Anhänger dieser Musik finden ließen, wäre die Band bei einer großen Plattenfirma mit entsprechender Promotion. Aber so kommt halt nur ein erlesener Kreis in den Genuss dieses Werkes, und irgendwie bleibt auch nur dann dieser leichte Undergroundstatus und die gemütliche Clubatmosphäre (bei einer möglichen Tour?) erhalten, die ich so sehr liebe. Das ist genau die Musik, die man im Hochsommer im Auto hören möchte. Schade nur, dass der nun schon vorbei ist…
Ich habe mir übrigens sagen lassen, Jelly Jam weise große Parallelen zu der Band „King’s X“ vom Gitarrist und Sänger Ty Tabor auf. Hm, da weiß ich schon, was ich als Nächstes antesten muss…
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