Götz George als Schimanski oder Diether Krebs als Kampmann (und eigentlich alle in „Bang Boom Bang“) sind im Film das, was Sir Hannes Smith in der Musik ist: echte Ruhrpottoriginale. Wer schon einmal in seinem Plattenladen am Dortmunder U war, wird das bestätigen, in einem engen, düsteren Ladenlokal drängen sich tausende CDs, Schallplatten und sonstiges, teils rares Zeug, mittendrin ein freundlicher, stets bunt gekleideter Mann, der den Kunden nur mit einer Ansage bedroht: „Wer hier klaut stirbt“.
Ernstgemeint oder nicht, man merkt schon, Sir Hannes hat Humor und das merkt man der Musik natürlich an. Zudem ist er ausgesprochen umtriebig, neben seiner Haustruppe THE IDIOTS erlangte er auch (über-) regionale Bekanntheit mit Phantoms Of Future und Honigdieb.
Dabei sind THE IDIOTS so was wie die Mayhem des Punk, gegründet hat man sich bereits 1978 und trotz „nur“ fünf Alben hat die Band absoluten Kultstatus. Sicher waren die Zeiten damals günstig, aber man hat sich seine Renommee auch durch bodenständigen und sehr ehrliche Arbeit verdient. Da diverse Platten, EPs, Sampler und ähnliches mittlerweile lange vergriffen sind und nur über astronomische Preise im Internet erhältlich sind, hat man es sich im Jahr nach dem Comeback-Album „Amok“ zur Aufgabe gemacht, das alte Material neuaufzulegen.
Herausgekommen ist die aufgemotzte Best-Of „Gott sei Punk!“, welche neben alten Hits auch drei neue Stücke in die Schlacht führt. Und diese wird mit den bekannten alten Waffen geschlagen: einfache Songstrukturen, kurze Lieder, räudiger Sound und meistenteils humorvolle Texte.
Gerade die Texte sind es (auch), die „Gott sei Punk!“ zu einem Erlebnis der besonderen Art machen. Man könnte praktisch aus jedem Lied zitieren, besonders prekär ist wohl, dass die eingängigste Liedzeile aus „Idioten ficken besser“ stammt: „Wir wollen ficken, ficken, ficken, in der U-Bahn, auf dem Schlitten, wollen ficken, ficken, ficken, wollen Spaß“. Nicht gänzlich unprovokant schmettert Hannes den Song im Duett mit einem Kinderchor. Nun ja, irgendwie blöd, wenn man das den ganzen Tag nicht los wird. Zumindest muss man sich aber keine Sorgen machen, in Sachen Anspruch überfordert zu werden, andererseits will ja auch niemand Texte auf dem Niveau von Umberto Ecos „Das foucaultsche Pendel“ auf einer Punk-Scheibe.
Vielmehr kann man sich an einfachen, eingängigen Liedern erfreuen, die in aller Regel gleich beim ersten Durchgang zünden, aber auch nach einem Dutzend Durchläufen noch Spaß machen. Und sicher haben THE IDIOTS auch nichts dagegen, wenn man sie statt zu einem Glas schweren Rotweins zu ner Kiste Kronen und ner Pulle Doppelkorn empfiehlt.
THE IDIOTS haben sich in dreieinhalb Jahrzehnten einen Ruf erarbeitet, den sie mit dem neuaufgelegten Material vollauf gerecht werden. Mit Deutschpunk, Oi! und einer Prise Hardcore mit anarchistischem Unterton haben sie sich den Ruf als Szeneurväter zementiert, diese explosive Mischung rechtfertigt aber auch 2014 noch jede Kaufempfehlung. Wenn man dies bei Sir Hannes im Laden beabsichtigt, sollte man sich aber die eingangs erwähnte Warnung vor Augen halten.
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