Review The Great Old Ones – Kadath

  • Label: Season Of Mist
  • Veröffentlicht: 2025
  • Spielart: Black Metal

THE GREAT OLD ONES sind wohl eine der thematisch akribischsten Bands im Black Metal – und eine der gefragtesten. Natürlich, wer sich Howard Phillips Lovecraft als Grundlage für sein Wirken aussucht, der schafft damit quasi automatisch einen gewissen Reiz. Die Band hat nun, viereinhalb Jahre nach ihrem letzten Album „Cosmicism“, mit ihrem Neuling „Kadath“ ein Lebenszeichen aus den Untiefen des Kosmos entsandt.

Ein kurzer Rückblick. Das 2017 erschienene „EOD – A Tale Of Dark Legacy“ präsentierte THE GREAT OLD ONES im Vergleich zu den Vorgängeralben wesentlich härter und direkter, in gewisser Weise auch eingängiger als noch zuvor. Bereits zwei Jahre später veröffentlichte die Band mit „Cosmicism“ ein Werk, das die Rezeptur seines Vorgängers der Perfektion entgegentrieb. Die Dynamik der Songs, ein gewisses Maß an Progressivität und massig Atmosphäre sorgen auch fast fünf Jahre später noch für wohlige Schauer.

Um THE GREAT OLD ONES 2024 besser einordnen zu können, sollte man sich auch bewusst machen, dass Lovecrafts Novelle „Die Traumfahrt zum unbekannten Kadath“ eine atmosphärisch andere Grundlage stellt als der bisher behandelte Cthulhu-Mythos. Wo ist „Kadath“ also einzuordnen?

Die oberflächliche Antwort auf diese Frage lautet: irgendwo zwischen seinen beiden Vorgängern. Musikalisch ist „Kadath“ im ersten Moment schwerer zu erfassen. Es ist weniger der atmosphärische Aufbau als vielmehr die schiere Bewegung und Komplexität in den Stücken, die „Kadath“ zu einer echten Herausforderung werden lassen.  Was gleich zu Beginn positiv auffällt, ist die druckvolle und aufgeräumte Produktion. Auf der neuen Veröffentlichung von THE GREAT OLD ONES überschlagen sich die Ereignisse, da ist ein transparenter Sound unabdingbar. Der Opener „Me, The Dreamer“ beispielsweise startet sehr direkt und präsentiert in seinen zehn Minuten Laufzeit sehr viele intensive Melodien und diverse Takt- und Spannungswechsel. Im letzten Drittel des Songs gibt es dann einen atmosphärischen Midtempo-Part zum Niederknien.

Massive Riffwände verleihen dem Sound von THE GREAT OLD ONES seit jeher eine ungeheure Kraft. Erst dadurch verschmilzt Technik mit Grazie und erschafft kalkuliertes Chaos. Dieses Prinzip treibt Tracks der Marke „In The Mouth Of Madness“, „Astral Void (End Of The Dream)“ und „Under The Sign Of Koth“ immer neuen Höhepunkten entgegen. Wie versiert die Franzosen ihre Musik komponieren, belegt indes die Wendigkeit ihrer Stücke. Exemplarisch für diese klimaktische Herangehensweise ist das viertelstündige „Leng“. Der Song weiß durch seine brachialen Rhythmen zu begeistern, die sich im Verlauf zu einem Wall großer Melodien verdichten. Ganz ohne Längen kommt er dabei aber nicht aus.

Genau an dieser Stelle kommen wir zum großen Problem von „Kadath“: seine Laufzeit. Der Verzicht auf das kurze Instrumental „The Gathering“ beispielsweise hätte rein dynamisch kaum Konsequenzen für den Albumfluss gehabt. Auch eine Verkürzung des eben angesprochenen „Leng“ wäre zumindest bei den ruhigeren Arrangements nicht zwangsläufig ein Verlust gewesen. Leider gelingt es den Franzosen bei ihrem neuen Output im Gegensatz zu „Cosmicism“ und „EOD – A Tale Of Dark Legacy“ weniger gut, sanfte Passagen und die vergleichsweise wenigen Ambient-Elemente ohne Längen in ihre Songs einzuflechten. Bei satten 72 Minuten Laufzeit wird „Kadath“ deshalb auf die Dauer recht anstrengend. Die vermehrt progressiven Momente auf dem Album verstärken diesen Effekt noch.

Eine intelligente Ergänzung ist demgegenüber der Song „Second Rendez-Vous“. Im Original von Synthesizer-Pionier und Techno-Vorreiter Jean-Michel Jarre komponiert, zeigt die Coverversion von THE GREAT OLD ONES, welch große Musiker hinter diesem Namen stehen. Einen Synthwave-Titel so gekonnt in atmosphärischen (und dabei eingängigen) Black Metal umzusetzen, nötigt einigen Respekt ab und lockert angestrengte Gemüter.

THE GREAT OLD ONES liefern mit „Kadath“ erneut hohe Qualität für Freunde schwerer Black-Metal-Kost ab. Wie gewohnt bringt die Band dabei große Melodien und über weite Strecken packende Arrangements in fast jedem Song so geschickt und doch unkonventionell unter, dass man vom ersten Ton an gut unterhalten wird. Allerdings sorgen gelegentliche Längen und progressiver Übereifer dafür, dass man nach dem Hören von „Kadath“ erstmal eine Pause braucht. Darüber hinaus jedoch ist eine Reise in die Stadt der Traumgötter für jeden, der THE GREAT OLD ONES kennt oder mutig genug ist, sie kennenzulernen, absolute Pflicht.

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Wertung: 8.5 / 10

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