Review The Exploited – The Massacre

Bereits mit ihrem Debüt „Punks Not Dead“ von 1981 machten sich THE EXPLOITED im Punk unsterblich – das Album chartete in England auf 20 und war am Ende des Jahres das meistverkaufte Independent-Album aus dem UK. Knapp zehn Jahre und einen ersten Ausflug in die Gefilde des Metal mit „Death Before Dishonour“ später veröffentlichten THE EXPLOITED im Jahr 1990 ihr bis dahin erfolgreichstes Album: „The Massacre“.

Vom Punk der frühen Jahre ist auch auf ihrem sechsten Full-Length eher die Attitüde geblieben: So bleiben THE EXPLOITED dem simplen Riff zwar treu, doch „The Massacre“ hat weit mehr Thrash-Metal-Anteil, als man es bis dahin aus dem Punk kannte. Wenngleich das im Punk nicht von jedem gern gesehen (beziehungsweise gehört) wurde, macht gerade diese Mixtur aus Aggro-Punk-Attitüde und Thrash-Metal-Finesse „The Massacre“ so stark: Zu den schneidigen Riffs und dem nach wie vor wenig melodiösen Gesang von Bandkopf Wattie stellt Gitarrist Gordon „Gogs“ Balfour in flotten Soli eine erstaunliche Fingerfertigkeit unter Beweis, wie man sie mit Punk nicht unbedingt in Verbindung bringt. Auch sonst ist „The Massacre“ technisch erstaunlich kompetent gemacht – von der Instrumentalarbeit bis zum auch aus heutiger Sicht noch absolut stimmigen Sound.

Anders als das martialische Cover glauben machen könnte, bleiben THE EXPLOITED auf „The Massacre“ zwar bei typischen Punk-Themen, vertreten jedoch fast durchweg gewaltkritische Standpunkte. Nach einem Intro aus dem Film „Faces Of Death“ stellt Wattie schon im Opener und Titeltrack die verzweifelte Frage: „The Massacre, why?“ Im weiteren Albumverlauf adressiert er Gewaltverbrecher („Sick Bastard“), kritisiert Wehrdienst und Militär („Now I’m Dead“, „Dog Soldier“) oder Krieg ganz generell („About To Die“, „Stop The Slaughter“).

Neben diesen zeitlosen Texten hört man auf dem Album auch Lyrics, die aus der damaligen Zeit heraus geboren sind: „Blown Out Of The Sky“ stellt die Frage, ob die Regierungen die Terrorwarnungen vor dem Lockerbie-Anschlag auf Pan-Am-Flug 103 im Luftraum von Schottland 1988 nicht ernst genug genommen hätten, „Don’t Pay The Poll Tax“ wiederum fordert ganz konkret zum Widerstand gegen die Kopfsteuer auf, die Margaret Thatcher Ende der 1980er-Jahre eingeführt hatte (und die schlussendlich nach großen Protesten der Bevölkerung für die Krise und den Rücktritt der Regierung Thatcher ausschlaggebend war). Aufgefüllt mit etwas Sex („Porno Slut“) und Polizeikritik, die über A.C.A.B. hinausgeht („Police Shit“ über die zu unrecht als Terroristen verurteilten „Guildford Four“ und „Boys In Blue“ über Polizeigewalt), könnte „The Massacre“ trotz musikalischem Metal-Einschlag also kaum „punkiger“ sein.

Wenngleich THE EXPLOITED heute, je nach Sichtweise, eher mit ihren Debüt „Punks Not Dead“ oder ihrem Metal-Album „Beat The Bastards“ in Verbindung gebracht werden, ist „The Massacre“ doch vielleicht ihr bedeutsamstes Werk – und zwar musikalisch wie textlich. „The Massacre“ ist individuell und energiegeladen, systemkritisch und genreprägend. Ein echter Klassiker eben.

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Wertung: 8.5 / 10

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Ein Kommentar zu “The Exploited – The Massacre

  1. „The Massacre“ ging damals komplett an mir vorbei. Liegt daran, dass die THE EXPLOITED Alben aus den späten Achtzigern keinen so guten Ruf in der (Punk-) Szene haben und erst mit dem weitaus thrashigeren Überwerk „Beat the Bastards“ von 1994 wieder etwas anfangen konnten.
    Durch die Wiederveröffentlichung von NB kam dieses Werk in meinem Besitz. Ich konnte den verpönten Alben „Horror Epics“ und „Death Before Dishonour“ eine Menge abgewinnen und so ist es auch mit „The Massacre“. Trotz metallischer Einflüsse kann man es nicht mit (Thrash) Metal auf einer Stufe stellen. Simpel & angepisst ist hier die Devise.

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