Helden in Strumpfhosen hieß mal eine lustige Robin-Hood-Variante. Strumpfhosen kommen im Fall von THE DYING hoffentlich nicht zum Einsatz, wenn man die Musik nun aber nicht vorurteilsfrei betrachten möchte, könnten sich einem bei der Imagination der Protagonisten allerdings diese fiesen Männer-Leggins vor das innere Auge drängen. Auch der weniger eingeweihte Hörer ahnt es bereits: ßräsch-Meddel steht auf der Tagesordnung.
Belgien war in meiner Erinnerung bisher nicht unbedingt als Hochburg dieser den 80ern entwachsenen Spielart bekannt, laut dem angemessen übertriebenen Infoschreiben haben sich THE DYING aber seit der Bandgründung im Jahr 2000 durch reichliche Live-Aktivität in ganz Europa einen guten Namen gemacht. Aha. Die Liste der Supportauftritte ist ebenso lang wie hochcharätig, Exodus, Arch Enemy, The Black Dahlia Murder, Misery Index und weitere bauten schon auf die Anheizerqualitäten der Truppe. Doppel-Aha. Lieber höre ich mir da mal das Material an, denn im Info geht es nicht weniger dick aufgetragen weiter (sensationelles Debütalbum…furioser Vibe des Fünfers…Mörderalbum…weltweite Thrashtruction…).
Lange dauert es dann auch tatsächlich nicht und THE DYING legen mit ordentlich Schmackes los. Im Thrash-Bereich durchaus üblich, zeigt sich, dass es sich lohnt, zwei Gitarristen an Bord zu haben, der Anfang vom Ende soliert gleich mal freudig drauf los und zeigt die Richtung der nächsten knappen Dreiviertelstunde vor. Gefangene will man gar nicht machen, auf die Zwölf und Schluss. Das gelingt auch in den meisten Fällen ganz gut, wobei mir persönlich die Abwechselung etwas darunter leidet. So ist zum Beispiel „Serpent“ ein Song, der durch langsamere Gangart und dadurch entstehende Heaviness gleich mal auffällt. Davon hätte man sich sicher mehr wünschen können, denn ansonsten sind die Namen der Lieder beinahe beliebig austauschbar. „Gotham“ und „Scarred Like Us“ bleiben noch etwas hängen, ansonsten ist es aber ziemlich egal, ob der Song „Scars And Stripes“, „Bottles And Pills“ oder „Blessed With Tragedy“ heißt, klingen tun sie prinzipiell wenigstens sehr ähnlich. Schade eigentlich, denn musikalisch merkt man den Herrschaften schon an, dass sie in dieser Formation seit 9 Jahren durch die Gegend lärmen, insgesamt spielt man recht tight und mit einiger technischer Rafinesse.
Dass THE DYING live gut rüberkommen, kann ich mir nach dem Genuss von „Triumph Of Tragedy“ gut vorstellen. Es wird amtlich gerockt und Feuer hat man den Songs auch mit auf den Weg gegeben. Für heimische Ohrenfreuden darf es beim nächsten Mal gerne etwas mehr Abwechselung sein, das Schiff steuert den richtigen Hafen auf jeden Fall an. Wer sich gerne die 80er noch einmal in neuer Auflage in die heimische Stube holen möchte, macht bei THE DYING nicht viel falsch, die Erwartungshaltung sollte sich aber in Grenzen halten. Bis zum nächsten Album hört man sich die drei explizit genannten Nummern an, greift sonst aber (noch) zu den wahren Helden der engen Hosen.
Wertung: 6 / 10