(Metalcore / Alternative Rock / Post-Rock) THE DEVIL WEARS PRADA war einst eine dieser MySpace-Bands, die aus dem Nichts riesige Klicks generieren konnten und so mit äußerst kitschigem Metalcore sehr viel Aufmerksamkeit auf sich zogen. 14 Jahre später ist von den damaligen Teenies nicht mehr viel übrig: Der Hype ist schon längst abgeflacht, der Metalcore ist in der Zwischenzeit ein in der Szene akzeptiertes Subgenre und die Band selbst hat auf ihrem siebten Album „The Act“ auch nicht mehr viel mit ihren frühen Werken gemein. Hat sich auf ihrem 2016er-Album „Transit Blues“ schon eine klare Entwicklung weg von ihren Wurzeln bemerkbar gemacht, fällt dieser Schritt auf „The Act“ noch größer aus.
So bewegt sich der neueste Output der Jungs aus Ohio zwischen Metalcore, Post-Rock und Alternative, versetzt mit einer unheilvollen Atmosphäre. Damit entpuppt sich „The Act“ als ein äußerst facettenreiches Album, das während der Dreiviertelstunde Spielzeit immer wieder für Überraschungen gut ist. Der Opener „Switchblade“ ist dabei noch der gewöhnlichste PRADA-Song. Bereits im Anschluss werden die Riffs auf „Lines Of Your Hands“ deutlich rockiger. Mike Hranicas charismatische und unverwechselbar gekrächzte Shouts können sich über der ruhigeren Instrumentierung voll entfalten, bevor Jeremy DePoysters Clean-Vocals im Refrain übernehmen. Überraschend und gut gelungen ist dabei auch das Zusammenspiel des weiblichen Gesangs mit Hranicas Vocals in der Bridge.
THE DEVIL WEARS PRADA gelingt es im weiteren Verlauf des Albums, eine tolle Balance zwischen minimaler Instrumentierung und knallenden Riffs zu finden. So treffen immer wieder totale Gegensätze aufeinander, ergänzen sich gegenseitig und verweben sich zu einem Soundteppich, den man so von den christlichen Metallern weder gekannt, noch erwartet hat. So beispielsweise im grandiosen „Wave Of Youth“, in dem die Band unheilvoll drückende Riffs im Refrain mit einer äußerst fragilen und zurückhaltenden Untermalung in den Strophen verbindet. Noch spannender wird es bei „Isn’t It Strange?“, das mit verstörendem elektronischen Rauschen, sentimentalen Piano-Akkorden und zwei Sängern in Höchstform aufwartet – Hranica und DePoyster haben selten so emotional geklungen wie hier.
Laufen Metalcore-Bands oft Gefahr, bei einer Wandlung hin zu ruhigerem Sound, in völlig übertriebenen Kitsch zu verfallen, gelingt es THE DEVIL WEARS PRADA, Emotion mit Energie zu verbinden. Dabei hilft es ihnen immens, dass sie auch in balladesken Songs wie „Chemical“, „Please Say No“ oder „Numb“ nicht auf gängige Strukturen setzen und mit cleverem Spannungsbogen den Hörer fesseln. So weiß man auf „The Act“ zu keinem Zeitpunkt, was hinter der nächsten Ecke lauert. Für fast jeden Track ließe sich mindestens ein Alleinstellungsmerkmal herausfiltern – diese aufzuzählen würde den Rahmen des Reviews allerdings sprengen.
Im Endeffekt ist „The Act“ das mit Abstand abwechslungsreichste Album von THE DEVIL WEARS PRADA. Dies liegt vor allem daran, dass sich die Band weitestgehend von ihren Metalcore-Wurzeln losgelöst hat. Hat sich diese Entwicklung auf „Transit Blues“ bereits angedeutet, wird sie auf ihrem neuesten Output stimmig umgesetzt. „The Act“ begeistert letztendlich nicht nur dank des grandiosen Artworks, sondern vor allem durch seine Vielschichtigkeit, Intensität und Emotionen. So sollten auch jene, die THE DEVIL WEARS PRADA bislang nur als weitere Metalcore-Band angesehen haben, ein Ohr riskieren – der ein oder andere entdeckt hier vielleicht die Überraschung des Jahres.
Wertung: 8 / 10