Mit immer wiederkehrender Regelmäßigkeit entdecke ich meine Begeisterung für sanfte Klänge – immer dann nämlich, wenn die Prüfungszeit angebrochen ist, und der Bedarf an entspannender Untermalung für im Lernstress durchwachte Nächte groß ist. Neben den zu diesem Anlass immer wieder aufs neue perfekt geeigneten Alben von Bohren und der Club Of Gore bieten die Veröffentlichungen von Denovali Records hier erfahrungsgemäß eine große Auswahl an geeigneten Bands – seien es nun Aun, Blueneck Sankt Otten oder das Dale Cooper Quartet.
Seit kurzem steht mit „The Alvaret Ensemble“ des gleichnamigen Improvisations-Quartetts eine weitere CD in meinem Schrank, der eine regelmäßige Wiederkehr in meine Büffel-Playlist prophezeiht werden kann.
Denn tatsächlich reiht sich „The Alvaret Ensemble“ nahtlos in die Liste der gefühlvoll-ruhigen Veröffentlichungen ein, die Denovali in diesem Sektor so einzigartig gemacht haben: In drei Nächten in Grünewaldkirche in Berlin aufgenommen, wurde hier aus 12 Stunden Improvisations-Material ein beeindruckendes Doppelalbum geschnitten.
Wer bei „Improvisation“ gleich an Jazz, Soli und kreatives Chaos denkt, liegt bei THE ALVARET ENSEMBLE komplett daneben. Statt dessen wird eine sehr, sehr ruhiges Zusammenspiel aus Klängen verschiedener Instrumente und bedächtig rezitierten Gedichten in Frisischer Sprache geboten. Mitunter scheint die Zeit hier fast still zu stehen und über die fast zaghaften Klänge vergisst man als aufmerksamer Hörer bisweilen fast, zu atmen.
Doch „The Alvaret Ensemble“ kann auch anders. Dann nämlich, wenn Martyn Heyne, der eigentlich nur als Soundtechniker zugegen war, in die Tasten der Kirchenorgel greift, und den Stücken so zu majestätischer Kraft verhilft oder Hilary Jeffery (The Kilimanjaro Darkjazz Ensemble) und Iden Reinhart an der Geige eine wahrhaft sinistre Atmosphäre heraufbeschwören. Gekonnt abgemischt von Niels Frahm vermag „The Alvaret Ensemble“ so von zart bis hart alles abzudecken und dennoch stets einheitlich, zusammengehörig und in sich stimmig zu klingen.
Egal, ob man den leichteren ersten Tonträger alleine, oder gefolgt vom düstereren, schweren zweiten Silberling genießt – ob man die Stücke leise im Hintergrund laufen lässt, oder sich mit geschlossenen Augen aufs Bett legt um sich von der Musik davon tragen zu lassen – „The Alvaret Ensemble“ ist in jedem Fall das richtige Album. Auch, oder vielleicht gerade, weil „Improvisation“ hier nicht als Synonym für „anstrengend“ oder „überambitioniert“ zu werten ist, sondern schlichtweg als Garant für abwechslungsreiche und dennoch entspannte Musik steht.
Wäre der Begriff „easy listening“ nicht so abgegriffen und durch all die darunter zusammengefassten musikalischen Belanglosigkeiten so negativ konnotiert, ich wäre glatt versucht, „The Alvaret Ensemble“ als genau das zu bezeichnen – Musik zum Seele-baumeln-lassen eben.
Wertung: 8.5 / 10